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softfair-Deal: An den wahnwitzigen Preisvisionen der Fonds Finanz-Chefs gescheitert?

„Wir wollten mit softfair das Amazon der deutschen Versicherungswirtschaft werden“, sagte Norbert Porazik, Gesellschafter und Geschäftsführer der Fonds Finanz Maklerservice GmbH, am 12.11.2019 in einem Interview mit ‚procontra‘. Mit dem angeblichen Amazon-Traum wollten die Fonds Finanz-Poolchefs wohl eine Investment-Story liefern, warum sie – trotz der Kundenverluste bei softfair – sich die Anteilspreise von Versicherern mit Gold belegen lassen wollten (vgl. ‚vt‘ 04/20).

Diese Gold-Phantasien sind nun aber offenbar krachend gescheitert: Anfang 2017 gründete Porazik mit Markus Kiener, ebenfalls Gesellschafter und Geschäftsführer der Fonds Finanz, die Finanzsoft GmbH. Die übernahm am 28.04.2017 alle Anteile des Software-Anbieters softfair (vgl. ‚vt‘ 20/17). Gerade einmal zwei Jahre später wollten Kiener und Porazik softfair weitgehend loswerden.

Bereits seit Mai 2019 verfolgten die Fonds Finanz-Geschäftsführer das Ziel, softfair in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, um dann knapp 100 % der Anteile kleinteilig in Höhe von je 1 % an möglichst viele Versicherungs-, Vertriebs- und Poolgesellschaften zu veräußern (vgl. ‚vt‘ 21/19). Schnell machte eine Summe von 50 Mio. € die Runde, die in 100 Anteile aufgeteilt werden sollten, also ‚schlappe‘ 500.000 € je Anteil.

Bezieht man sich auf die am Markt zu hörenden Zahlen mit 12–15 Mio. € ursprünglicher softfair-Kaufpreis, die zu 50 Mio. € Verkaufspreis werden sollten, dann wäre das mehr als das Drei- bis Vierfache (vgl. ‚vt‘ 47/19). Die Kollegen unserer Schwesterredaktion ‚kapital-markt intern‘ konstatierten zudem nach einem Blick in die Finanzsoft-Bücher (vgl. ‚k-mi‘ 49/19): „Zum 31.12.2017 weist die Unternehmensbilanz eine Anlagesumme von 11.969.564 € aus.

Demgegenüberstehend nahm die Gesellschaft 11.979.145,73 € an Fremdmittel zu Hilfe, um offenbar nahezu eins zu eins den Kauf zu stemmen. Naheliegend ist demnach, dass Porazik und Kiener für rund 12 Mio. € softfair erwarben.“ Offenbar haben auch die nach der Öffnung des Datenraums durchgeführten seriösen Unternehmensbewertungen erbracht, dass der von Porazik/Kiener aufgerufene Anteilspreis weit jenseits von Gut und Böse liegt.

Wenn softfair mit rund 15 Mio. € fair bewertet ist, dann könnte ein aus Versicherer-Sicht strategischer Zuschlag zwar einen (geringfügig) darüber liegenden Kaufpreis rechtfertigen, aber keinen mehrfach so hohen Preis. Ein (Anteils-)Preis, der weit über der Unternehmensbewertung liegt, löst nicht nur kräftigen Abschreibungsbedarf aus, er dürfte auch unter dem Aspekt der Veruntreuung von Versichertengeldern zu prüfen sein (vgl. ‚vt‘ 04/20).

Diese Einschätzung sehen wir nun bestätigt. Der Datenraum war vom 11.11.2019 bis Anfang Februar geöffnet, „dann werden wir natürlich auch die Gesellschafterstruktur veröffentlichen“, hatte Porazik angekündigt. Zeitnah wird es dazu nicht kommen.

Denn nach unseren Informationen haben die Versicherungsvorstände nicht so blind nach dem Wurm am Angelhaken geschnappt, wie Porazik und Kiener sich das wohl vorstellten. Vielmehr soll nur für rund ein Drittel der Anteile geboten worden sein. Dass weit weniger als der angestrebten 97 % Nachfrage finden, ist das eine.

Noch dramatischer ist zu werten, dass nach unseren Informationen die Absichtserklärungen der Bieter oftmals mit Einschränkungen versehen sind, und diese insbesondere verbunden mit Erwartungen an einen niedrigeren Anteilspreis. Zu diesen Informationen haben wir Norbert Porazik um Stellungnahme gebeten mit u. a. folgenden weiteren Fragen:

++ Für wie viele Anteile erfolgten Gebote?  ++ Für wie viele Anteile wurde ohne Einschränkungen und zu dem von Ihnen gewünschten Anteilspreis von 500.000 € geboten?  ++ Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dem Ergebnis des Bieterverfahrens?  ++ Werden Sie die Anteilspreisvorstellungen akzeptieren oder die Anteile für den gebotenen Anteilspreis nicht verkaufen? ++ Wann wird die Gesellschafterstruktur veröffentlicht? Eine Antwort des Finanzsoft-Mitinhabers und Fonds Finanz-Chefs haben wir bisher nicht erhalten.

‚vt‘-Fazit: ++ Grundsätzlich halten wir es für gut und richtig, wenn softfair viele Versicherer, Pools und Vertriebe als Anteilseigner ohne einen Hauptgesellschafter hätte und somit zu einer wichtigen Marktlösung mit Vergleichsprogrammen und TAA-Prozess (Prozess für Tarifierung, Angebot und Antrag) in Hand der Versicherer würde.

++ Dieser Initiative stehen viele Versicherer aufgeschlossen gegenüber und wären nach unserer Kenntnis auch zur Zahlung eines angemessenen Anteilspreises bereit. Eine Bereitschaft zur Zahlung völlig überzogener Anteilspreise, die die BaFin hellhörig werden lassen könnten, ist uns aber nicht bekannt.

++ „Also verschenken“, so hatte Porazik mit Blick auf die aufgrund der angeblichen Amazon-Visionen extrem überteuerten Anteile gesagt, „werden wir sie nicht“. Wenn Porazik/Kiener nicht bereit sind, kleinere Brötchen zu backen, dürfte die Initiative an der Gier der Fonds Finanz-Chefs scheitern.

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