vt – Aktuelle Themen

uniVersa: Rückweisung der Maklervollmacht aufgrund fehlender Aktualität

Und täglich grüßt das Murmeltier: Obwohl das BGB eine unmissverständliche Grundlage ‚rund um Vollmachten‘ schafft, machen einige Versicherer Versicherungsmaklern, Kunden und bisweilen sich selbst das Leben schwer mit unsinnigen, weil rechtlich völlig haltlosen, Interpretationen zu veralteten Vollmachten. So informierten wir Sie zuletzt zur VHV (vgl. ‚vt‘ 08/19) und ARAG (vgl. ‚vt‘ 03/19).

In die Reihe der Versicherer mit falschen Rechtsauslegungen reihen sich nun auch die uniVersa Versicherungen ein: Versicherungsmakler Richard Lindner, Individuelle Vermögensplanung e. Kfm./Taufkirchen, hat unter Vorlage der Maklervollmacht einer Mandantin um Bestandsübertragung bitten lassen. Die Vorlage der vom 13.10.2016 datierenden Maklervollmacht wurde von uniVersa bestätigt, die Bestandsübertragung aber abgelehnt mit dem Hinweis: „Um unserer Sorgfaltspflicht nachzukommen, prüfen wir, ob sich die Kundin weiterhin in Ihrer Betreuung befindet. Um den gewünschten Abtausch in Ihren Bestand vornehmen zu können, reichen Sie uns bitte eine aktuelle Maklervollmacht ein. Alternativ können Sie uns auch eine Erklärung zukommen lassen, dass sich die Kundin weiterhin in Ihrer Betreuung befindet.“

Dazu haben wir uniVersa-Vertriebsvorstand Werner Gremmelmaier um Stellungnahme gebeten: ++ Unterliegen nach Auffassung der uniVersa unbefristete Vollmachten einem Aktualitätserfordernis? Auf Basis welcher rechtlichen Regelung sind ‚ältere‘ Vollmachten nicht mehr gültig? Wie ‚aktuell‘ muss nach Auffassung der uniVersa eine Maklervollmacht sein bzw. wie alt darf eine Vollmacht höchstens sein, damit diese den Anforderungen der uniVersa genügt?  ++ Oder ist nach Auffassung der uniVersa eine unbefristete Vollmacht gültig, bis sie vom Vollmachtgeber widerrufen (oder vom Vollmachtnehmer zurückgegeben) wird?  ++ Warum benötigt uniVersa eine ‚aktuelle‘ Maklervollmacht? „Eine Maklervollmacht wird auf Grundlage eines Versicherungsmaklervertrages zwischen Makler und seinem Kunden, somit im Innenverhältnis zwischen diesen beiden Parteien, erteilt. Diese dem Makler von Seiten des Kunden erteilte Willenserklärung gilt, soweit diesbezüglich keine anderweitige Vereinbarung zwischen diesen Parteien getroffen ist, grundsätzlich zeitlich unbefristet und bedarf somit grundsätzlich auch keiner Aktualisierung“, räumt die uniVersa daraufhin ein.

„Eine solche Vollmacht muss ein jedes Versicherungsunternehmen sodann grundsätzlich gegen sich gelten lassen, wenn sie ihm entsprechend § 172 BGB im Original ausgehändigt wird. Wir wissen, dass es in der Praxis kaum durchführbar und nicht maklerorientiert ist, auf die Aushändigung einer Originalvollmacht zu bestehen, wie es das BGB vorsieht. Deshalb erkennen wir grundsätzlich auch eine Kopie der Vollmacht an“, ergänzt uniVersa. Dass das BGB eine Originalvollmacht – das BGB spricht hier von „Vollmachtsurkunde“ – vorschreibt, wie man der uniVersa-Antwort („auf die Aushändigung einer Originalvollmacht bestehen, wie es das BGB vorsieht“) entnehmen könnte, ist allerdings nicht zutreffend. Richtig ist, dass der Versicherer nach § 174 BGB eine Vollmachtskopie nicht akzeptieren muss und ein Zurückweisungsrecht hat: „Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.“

Begibt sich die uniVersa mit ihrer ‚Originalvollmacht-Interpretation‘ schon auf dünnes Eis, bricht sie bei folgenden Ausführungen vollends ein: „Auf der anderen Seite ist der Datenschutz und die Sicherheit von Kundendaten – nicht erst durch die EU-DSGVO – ein hohes und schützenswertes Gut. Deshalb fordern wir im Bedarfsfall eine aktualisierte Vollmacht oder eine kurze schriftliche Erklärung des Maklers an, dass die Vollmacht nach wie vor noch gültig ist. Die Erklärung des Maklers kann formlos per Post, Fax oder auch per Mail übermittelt werden. Dies halten wir für wichtig, damit uns im Falle einer rechtswidrigen Verwendung der Vollmacht keine Verletzung unserer Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden kann und eine ordnungsgemäße Übertragung der Kundendaten im Einklang mit dem Kundenwunsch gewährleistet ist.“

Hinsichtlich der Erklärung hat Versicherungsmakler Lindner im Gespräch mit der uniVersa allerdings eine andere Erfahrung gemacht: „Telefonisch wurde dieses Vorgehen von der uniVersa nicht bestätigt!“ Jetzt soll das Totschlag-Argument ‚Datenschutz‘ herhalten, um ein Verhalten zu legitimieren, für das es keine Rechtsgrundlage gibt. Was soll denn eine Selbstauskunft des Versicherungsmaklers, dass der Kunde weiter in seiner Betreuung ist, zusätzlich bewirken, nachdem er doch eine Maklervollmacht vorgelegt hat. „Mit der Vorlage der Vollmacht wird das – jedenfalls das weitere – Bestehen der Vollmacht angezeigt. Es bedarf keiner weiteren – nochmaligen – ausdrücklichen Bekräftigung, dass diese – noch immer – gilt“, erläutert Rechtsanwältin Kathrin Pagel, Fachanwältin für Versicherungsrecht, Partnerin in der Kanzlei Michaelis.

Es ist schon zum Haare raufen: Einerseits ist der uniVersa die BGB-Rechtslage bekannt, dass eine unbefristete Vollmacht bis zum Widerruf gültig ist und keiner Aktualisierung bedarf. Andererseits wird der Datenschutz bemüht, um rechtschaffenden Versicherungsmaklern die Dienstleistungserbringung für ihre Mandanten zu erschweren. Da sollte die uniVersa besser, allen voran der Vorstand, Sachbearbeitern eine Arbeitsanweisung vorlegen bzw. diese schulen, wie mit Maklervollmachten zu verfahren ist. Denn Kunden geben mit der Maklervollmacht eine eindeutige Willenserklärung ab. Die unberechtigte Zurückweisung einer gültigen Vollmacht kann für den Versicherungsnehmer zu Nachteilen führen. Da der GDV-Verhaltenskodex für die Versicherer einen Rahmen von Normen und Werten setzt, um den Interessen der Kunden gerecht zu werden, vereinbaren sich u. E. die Nichtbeachtung der vom Kunden erteilten Vollmacht nicht mit den Vorgaben des Kodex.

‚vt‘-Fazit: Liebe uniVersa: Überzieht euch und Versicherungsmakler nicht mit unnötiger Arbeit – die Bürokratie ist ohnehin schon hoch genug. Weder muss eine unbefristete Vollmacht aktualisiert werden noch bringt es etwas, wenn ein Versicherungsmakler bestätigt, dass die von ihm eingereichte Vollmacht noch gültig ist. Versicherungsmakler unter Generalverdacht zu stellen, dass diese ungültige Vollmachten verwenden könnten, ist eine Frechheit. Denn nutzt ein Versicherungsmakler nach Widerruf durch den Vollmachtgeber die dann nicht mehr gültige Vollmacht dennoch weiter, unterliegt sein Handeln – zu Recht – den Sanktionen des StGB und lässt berechtigte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit zu.

 

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