vt – Aktuelle Themen

Versicherungsmakler: Erteilen Provisionsdeckel-Vorschlag eine Absage (Teil 1)

Entsprechend dem Vorschlag des BaFin-Exekutivdirektors Dr. Frank Grund sollen Versicherer im LV-Bereich höchstens 25 ‰ reguläre Vergütung und 15 ‰ an womöglich für Vermittler in der Transparenz und Nachvollziehbarkeit schwierig nachvollziehbare Kriterien gebundene Vergütung auskehren, als AP- und BP-Gesamtvergütung über die Laufzeit, wobei zwischen Spar- und Biometrieprodukten nicht unterschieden wird (vgl. ‚vt‘ 16/18). Eine weitere Vergütungsdeckelung bringt Versicherungsmakler (VM) nicht nur auf die Palme, sondern viele fürchten auch um ihre Existenzfähigkeit und sind frustriert. Das zeigt die ‚versicherungstip‘-Umfrage „BaFin schlägt einen Provisionsdeckel für die Lebensversicherung vor: Wie bewerten Sie das vorgeschlagene Vergütungsmodell?“ (vgl. Beilage zu ‚vt‘ 17/18). Versicherungsmakler weisen dabei auch auf das Problem der unabhängigen Versicherungsvermittler hin, dass in den rund letzten 10 Jahren Zeitaufwendungen und Kosten drastisch gestiegen sind durch Regulatorik, Dokumentation, VSH, Qualifizierungs- und Beratungsanforderungen etc., während die Vergütungen gesunken und die Stornohaftungszeiträume gestiegen sind. Zugleich werden auch konstruktive Vorschläge unterbreitet oder aufgezeigt, wo überzogen hohe Vergütungen gesehen werden. Nachfolgend haben wir für Sie das Ergebnis unserer Umfrage zusammengefasst und präsentieren Ihnen die ungeschminkte Meinung vieler Versicherungsmakler. Starten wir mit der Verärgerung und Enttäuschung über BaFin und Politik:

Viele Versicherungsmakler haben an der ‚versicherungstip’-Umfrage teilgenommen. Neben zahlreichen Kommentaren und Vorschlägen haben wir auf Basis von 203 Teilnehmern auch zu unseren konkreten Fragen ein klares Meinungsbild erhalten. Frage 1: Die lang andauernde Niedrigzinsphase durch die EZB hat maßgeblich die Rendite der LV-Kunden reduziert. Doch das liefert keine Berechtigung, dass qualifizierte Beratung und Vermittlung durch einen Provisionsdeckel niedriger vergütet werden, sagen fast 95 % der Teilnehmer, während rund 5 % es für richtig halten, dass die Vermittler durch einen Provisionsdeckel zur Renditeerhöhung der Kunden herangezogen werden.

++ „Man sollte mal die zur Rechenschaft ziehen, die diese Zinspolitik zu verantworten haben. Ich möchte mal wissen, was die Herren und Damen bei der BaFin und in der Regierung dazu sagen würden, wenn man ihnen von heute auf morgen ihr Gehalt halbiert.“ VMin Waltraud Schneider, Die Financial Architects AG/Obermeitingen  ++ „Die Ideenentwickler bei der BaFin sollten sich fragen, ob bei laufend erhöhten Anforderungen/Arbeitsaufwand diese Herrschaften auch auf Teile ihres Gehaltes verzichten würden!“ Versicherungsmakler (VM) W. Busch-Assekuranz GmbH/Hamminkeln  ++ „BRD ist verschuldet bis zum Geht-nicht-mehr. Bitte erst mal alle Beamtenbezüge und Pensionsansprüche (auch BaFin-Personal) einem derartigen Kahlschlag unterziehen wie bisher die LV-Provisionen wurden.“ VM Peter Dienhart/Hann. Münden  ++ „Einzige Frage: Der Staat muss sparen – Was würden die Herren und Damen der BaFin davon halten, wenn deren Einkommen gekürzt würde?“ VM Günther Hiebel, FVK Finanz- und Versicherungskontor/Cottbus.

Steigende Aufwendungen bei sinkenden Vergütungen werden zu einem immer größeren Problem:  ++„Während sich die Politiker für hilflosen Aktionismus regelmäßig die Diäten und Gehälter erhöhen, müssen wir für immer weniger Vergütung ständig mehr Bürokratie verkraften, was auch zu Lasten der Kunden geht.“ VM Frank Morgenstern, GF Morgenstern - FVI - GmbH/Wildenfels  ++ „Die Anforderungen an Beratung und Verwaltung (IDD, VersVermV, GWG + DS-GVO) werden immer höher durch Regulierungen. Für die eigentlichen Beratungen bleibt immer weniger Zeit bei sinkenden Margen.“ VM Wilfried E. Simon, Compact Consulting/Nistertal   ++ „Es ist nicht machbar, immer mehr administrative Aufwendungen zu haben, d. h. steigende Kosten, immer mehr Haftungspotential, bei gleichzeitig seit Jahren sinkenden Provisionssätzen.“ VM WFS GmbH/Kranichfeld  ++„Dieser Beruf macht keinen Spaß mehr!“ VM AIM Insurancebroker Assekuranz-Marketing GmbH/Donaueschingen  ++ „Die ständigen Eingriffe ins Maklergeschäft durch BaFin und Politik sollen offensichtlich die Marktposition der Banken und Ausschließlichkeitsversicherungen stärken und die Versicherungsmakler weiter zurückdrängen.“ VM Detlef Schötz/Scheeßel.

Frage 2: Dass der Vergütungsvorschlag mit 25 ‰ reguläre Vergütung und zusätzlich 15 ‰ an Kriterien gebundene Vergütung sachgerecht ist, meinen 9 % der Teilnehmer, während 91 % davon ausgehen, dass es existenzbedrohende Auswirkungen haben kann, wenn sie die zusätzlichen 15 ‰ trotz qualifizierter Beratung und Vermittlung nicht erhalten.

Bei Kostensenkungspotential und Problemfeldern sollte an anderen Stellen hingeschaut werden: ++„Kosten fangen woanders an, bspw. Verwaltung, Gehälter, Aufsichtsrat, Vorstände, Bürokratie. Hier kann eine Versicherung sparen, nicht beim Vermittler. Man schlachtet nicht die Kuh, die man melkt!“ VM Peter Stein, GF Stein-Finanzberatung/Bad Wurzach  ++ „Das Problem sind nicht die Vergütungen, sondern Finanzvertriebe, die alte laufende Verträge prinzipiell ‚platt‘ machen, ohne Rücksicht auf Verluste der Kunden.“ VM Dietmar Reif/Limbach-Oberfrohna  ++ „Die BaFin sollte zuerst einmal die Provisionshöhen bei den Strukki-Drückerkolonnen überprüfen und dort eingreifen, die sind bestimmt nicht für bspw. maximal 35 ‰ unterwegs, denn dann würde das ganze Hierarchie-System zusammenbrechen!“ (Torsten Gerdon, Versicherungsmaklerbüro Sylvia Gerdon/Kassel.

Frage 3: Dass die von der BaFin vorgeschlagenen Kriterien wie Stornoquote und Beschwerdequote objektiv messbar sowie verursachungsgerecht zuzuordnen und daher Qualitätskriterien sind, glauben 10 % der Teilnehmer, aber 90 % meinen, dass diese Einflüssen unterliegen, wie Storno aufgrund Scheidung, oder Beschwerden, die ursächlich aufgrund Unzufriedenheit des Kunden mit der Produktleistung erfolgen. Daher würden diese Quoten nicht zwingend auf die Qualität der Beratung und Vermittlung des Vermittlers schließen lassen.

Kritisiert wird der Eingriff in die gesetzlich garantierte Gewerbefreiheit, der seinesgleichen sucht und womöglich Verfassungswidrig ist: ++ „Wenn Provisionsdeckel, dann überall: Bei Autoverkäufern, Thermomixvertretern, Wurstständen und Aldi. Frage: Werden die Bürger immer weiter entmündigt? Ich dachte, ich wohne nicht in der DDR!“ VM Dipl.-Kfm. Kurt Hofmeister e.K./Wolnzach  ++„Wenn der Staat hier eingreift, dann sollte doch jeder Bürger auf Verkaufserlöse (Auto, Fernseher, Obst, Gemüse, einfach alles) künftig reglementiert werden. In so einem Staat macht Arbeiten keinen Spaß mehr!“ VM Gerhard Bernert, Perl & Partner/Neunkirchen am Sand  ++ „Extrem hohe Vergütungen lassen einen objektiv handelnden Vermittler an der Qualität eines Versicherers von vornherein zweifeln. Da bedarf es keiner Regulierung durch jedwede Behörden.“ VM AAF Allgemeine Assekuranz- & Finanzberatung GmbH/Henstedt-Ulzburg  ++ „Leider kennt die Regulierungswut in der EU keine Grenzen mehr. Jeder ehrbare Kaufmann kann in jeder Branche seine Vergütung mit den jeweiligen Produktgebern aushandeln. Was würde zum Beispiel ein Autokonzern in Deutschland sagen, wenn der Staat ihnen vorgibt, zu welchem Preis ihre Autos zu verkaufen wären. Sofort käme ein Aufschrei der Branche mit der Ankündigung, Arbeitsplätze abzubauen. Vermittler sollten weiterhin ihre Courtage mit den jeweiligen Anbietern frei aushandeln können. Wenn nicht sehe ich das als einen Eingriff in meine unternehmerische Freiheit an. Ich hoffe, die Verbünde führen Sammel-klage gegen diesen Schwachsinn.“ VM Frank Rath/Waldheim.

‚vt’-Zwischenfazit: Viele Versicherungsmakler sehen sich aufgrund deutlich gestiegener Zeitaufwendungen und Kosten bei rückläufigen Vergütungen in der Existenz bedroht, wenn nun ein Vergütungsdeckel, egal ob als Provisionskorridor durch die BaFin oder als Provisionsdeckel durch den Gesetzgeber, eingeführt wird. Ein Missstand, der einen solchen schwerwiegenden Eingriff in die gesetzlich garantierte Gewerbefreiheit rechtfertigen würde, hat auch das Bundesfinanzministerium im LVRG-Evaluierungsbericht nicht aufgeführt (vgl. ‚vt‘ 27/18: „Evaluierungsbericht belegt: Für Provisionsdeckel besteht keine Notwendigkeit!“). Im Teil 2 liefern wir Ihnen weitere Statements zahlreicher Versicherungsmakler, deren konstruktive Ansätze sowie die weiteren Umfrageergebnisse zu unseren konkreten Fragen.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk