vt – Aktuelle Themen

VKB fährt im Markenrechtsstreit beim OLG München an die Wand

In dem von der Versicherungskammer Bayern (VKB) im August 2016 vom Zaun gebrochenen Markenrechtsstreit gegen ‚die Bayerische‘ (vgl. ‚vt’ 34/16) stand am 15.11.2018 beim Oberlandesgericht München (Az.: 29 U 3328/17) die mündliche Verhandlung an. Es deutet sich ein Ende an, das der VKB und deren Vorstandsvorsitzenden Dr. Frank Walthes nicht schmecken wird. Ein Rückblick: 

++ Die VKB will den Bayerische Beamten Versicherungen (BBV) ihre 2012 eingeführte Marke ‚die Bayerische‘ verbieten lassen und moniert vier Jahre nach der Markeneinführung eine Verwechslungsgefahr (vgl. ‚vt‘ 48/16). Recht dünn begründet die VKB dies damit, sie habe „zunehmend Verwechslungen bei ihren Kunden mit der Marke ‚die Bayerische‘ festgestellt“. Dazu hatte das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der VKB eine Umfrage durchgeführt, die eine mögliche Verwechslungsgefahr konstatiert. Zur Überprüfung dieser Ergebnisse hatte ‚die Bayerische‘ ihrerseits eine gutachterliche Stellungnahme der GfK SE eingeholt, die zu dem Fazit kam: „Die zu beurteilende Befragung entspricht nicht einer gerechten rechtsdemoskopischen Umfrage. Sie basiert auf eine Stichprobe von weniger als 500 Personen. Sie weist vor allem hinsichtlich der Fragestellungen schwerwiegende Mängel auf. Bei allen Fragen wird die Bezeichnung ‚die Bayerische‘ vorgelegt und nicht die Wort-/Bildmarke.“ 

++ Für uns wenig erstaunlich erlitt die VKB vor dem Landgericht München I mit Urteil vom 29.08.2017 (Az.: 33 O 14425/16) Schiffbruch (vgl. ‚vt’ 43/17). ‚die Bayerische’ hatte, womöglich um vorsorglich eine Rechtsposition für eventuelle Vergleichsverhandlungen aufzubauen, Widerklagen eingereicht. Auch die wies das LG ab. Die VKB legte Berufung gegen die Klageabweisung ein, ‚die Bayerische’ ihrerseits gegen die Abweisung der Widerklagen. ‚vt’ konnte die „von der VKB behauptete Verwechselungsgefahr nicht nachvollziehen“, und konstatierte, „markenrechtliche Scharmützel helfen weder den Verbrauchern noch Vertrieb und Beratern“. Konsequent empfahl ‚vt’: „Die VKB sollte versuchen, mit Produkten und Service zu punkten.“

Für Kopfschütteln sorgte zudem, dass die beiden Versicherer über viele Jahre eine gedeihliche Kooperationspartnerschaft gepflegt hatten, in deren Rahmen Vorstandsmitglieder und Führungskräfte der VKB u. a. auf gemeinsamen Veranstaltungen mit der neuen Marke auftraten, so z. B. bei einer Jahreseröffnungstagung 2013. Eine Beendigung des nutzlosen Streits forcierte VKB-Chef Walthes trotz der LG-Klatsche nicht: „Wir rechnen uns gute Chancen aus, in einem Berufungsverfahren Recht zu bekommen.“ Hoffte der Konzernlenker angesichts der Größe mit rund 6.700 Mitarbeitern, dass die vergleichsweise kleine Versicherungsgruppe die Bayerische mit rund 450 Mitarbeitern doch noch kapituliert? Die von ihm behaupteten guten Chancen, vor Gericht zu siegen, wurden ihm nun genommen:

„Die Bezeichnung ‚die Bayerische’ ist meines Erachtens nur der Verweis auf den Sitz des Unternehmens in Bayern“, so der Vorsitzende OLG-Richter Gunnar Cassardt in der mündlichen Verhandlung und kündigte die Abweisung sämtlicher Forderungen an, wenn die beiden Kontrahenten Klage und Gegenklage nicht zurücknehmen. „Die Parteien können aus unserer Sicht in Koexistenz ihre Produkte erfolgreich vertreiben und sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren. Was nicht das Führen von Rechtsstreitigkeiten ist.“

Da es für ‚die Bayerische’ darum ging, ihre Dachmarke weiter verwenden zu dürfen, dürfte ihr eine Rücknahme der Gegenklage leicht fallen. Das bestätigt Dr. Herbert Schneidemann, Vorstandsvorsitzender der Bayerischen: „Wir freuen uns darüber, dass es sich nach der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht abzeichnet, dass das Urteil der ersten Instanz bestätigt werden wird. Wir begrüßen eine Einigung, um den unnötigen Rechtsstreit nun endlich abzuschließen. Wir sind bereit, unsere Berufung zurückzuziehen, wenn dadurch die rechtliche Auseinandersetzung endgültig erledigt werden kann.“ Schneidemann ergänzt: „Damit wäre der für uns völlig überraschend gekommene Angriff der VKB auf unsere erfolgreich eingeführte Marke zu Recht abgewehrt.“

Nachdem unter der Verantwortung von Dr. Frank Walthes u. E. völlig überflüssige Rechtsstreitigkeiten unter Kooperationspartnern angezettelt wurden, „sollte Walthes auch das Rückgrat zum Rücktritt haben, wenn die VKB mit ihrer Klage am Ende des Instanzenweges nicht siegt, aber zum beidseitigen Schaden viel Kooperations-Porzellan zerdeppert wurde“, lautete unser Fazit in der ‚vt’-Ausgabe vom 24.10.2017. Sich darüber Gedanken zu machen, rückt für Walthes nun jedenfalls näher: Das OLG gab beiden Seiten zwei Wochen Zeit, „um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen“.

Martin Gräfer, Vorstandmitglied der Bayerischen, bedauert die Entwicklung: „Unsere Kooperation mit der VKB verlief stets einwandfrei und wir schätzen die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen sehr. Umso mehr fragen wir uns, welches Ziel die VKB verfolgt, zumal sie als öffentlicher Versicherer eigentlich einen Auftrag der Daseinsvorsorge hat und nicht als aggressiver Wettbewerber auftreten sollte.“

‚vt’-Fazit: „Die VKB sollte versuchen, mit Produkten und Service zu punkten. Der Markenrechtsstreit hilft den Kunden nicht“, so ‚vt‘ bereits am 14.06.2017. Sinngemäß formulierte OLG-Richter Cassardt, die beiden Versicherer sollten sich besser auf den Verkauf von Versicherungen konzentrierten „statt Reserven hier im Gerichtssaal liegenzulassen“. Hätte Walthes auf ‚vt’ gehört, wären ihm die Watschen vor dem OLG erspart geblieben. Mal sehen, was die VKB aus den zwei Wochen Bedenkzeit macht.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk