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Wehret den Anfängen: Makler benötigen keinen Allianz-Kontroll-Bürokratismus

Während viele Versicherer kostengünstige Prozesse und Erleichterungen für Versicherungsmakler anstreben, sehr verehrte Leserin, sehr geehrter Leser, geht die Allianz einen anderen Weg. Sie führt Bürokratismus erhöhende Prüfungen nach dem Zufallsprinzip ein: Bei der Beantragung einer Kfz-Versicherung sind diverse Angaben notwendig, sei es zum versicherten Fahrzeug, zum Fahrzeughalter und den Fahrern bis hin zur voraussichtlichen Jahreslaufleistung. Schlanke Prozesse, der Vermittler liefert die notwendigen Angaben und der Versicherer policiert.

Bei der Allianz Versicherungs-AG ist das jetzt anders. Da müssen Vermittler damit rechnen, dass Beweise angefordert werden. So teilt die Allianz im Zuge der Policierung bspw. mit, man prüfe im Interesse der Kunden „nach dem Zufallsprinzip die Angaben zur Beitragsberechnung“. Ein Verdacht einer fehlerhaften Angabe oder gar einer vorsätzlichen Falschangabe liegt also nicht vor, die Überprüfung erfolgt ohne jeglichen Anlass!

Für die Überprüfung bestimmter Antragsangaben „benötigen wir einen Nachweis“. Der Versicherungsmakler soll eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil 1 oder, für den Fall, dass seit der Zulassung ein neuer Fahrzeugschein ausgestellt wurde, eine Kopie der Zulassungsbescheinigung Teil 2 vorlegen. Gleichzeitig wird angedroht: Sollte der Nachweis bis zu einer aufgeführten Frist nicht vorgelegt werden, „schreiben wir Ihren Kunden an“. Dass der durch den Kontrollwahn bedingte zusätzliche Zeitaufwand Versicherungsmakler verärgert, ist klar.

Wir haben Dr. Rolf Wiswesser, Vorstand Maklervertrieb Allianz Sach, um Stellungnahme gebeten: ++ Seit wann und warum führt Allianz diese Prüfungen nach dem Zufallsprinzip durch?  ++ Erwartet Allianz mit Prüfungen nach dem Zufallsprinzip einen größeren Erfolg als mit anlassbezogenen Prüfungen? Wenn ja, worauf ist diese Erwartung gestützt?  ++ Folgt bspw. aus im Rahmen einer Schadensbearbeitung gewonnenen Erkenntnissen zu fehlerhaften Angaben bei Antragstellung eine vertraglich oder durch andere Rechtsgrundlage geregelte Strafe? Wenn ja, warum genügt es nach Auffassung der Allianz nicht, bei Entdeckung diese Strafe geltend zu machen? 

++ Welche Bedeutung misst Allianz der Kritik von Versicherungsmaklern bei, dass der mit Prüfungen nach dem Zufallsprinzip einhergehende zusätzliche bürokratische Aufwand die Zusammenarbeit mit der Allianz erschwert?

„Als Versicherer sind wir gemäß den vereinbarten Versicherungsbedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) berechtigt zu überprüfen, ob die zum Vertrag berücksichtigten Merkmale zur Beitragsberechnung zutreffen und weiterhin gewährt werden können. Nichtzutreffende Merkmale werden korrigiert und der Beitrag berichtigt.

Diese Überprüfung kann über die Anforderung entsprechender Nachweise erfolgen, wie z. B. in dem von Ihnen geschilderten Fall über die Anforderung der Zulassungsbescheinigung. Die Überprüfung erfolgt einheitlich für alle Vertragsabschlüsse bei Maklern und Allianz Vertretungen in einer angemessenen, sehr geringen Stichprobengröße.

Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir uns zu konkreten Prüfungsergebnissen nicht äußern“, teilen die Münchner mit.

Abgesehen davon, dass wir Dr. Wiswesser keine Frage zu konkreten Prüfergebnissen gestellt haben, werden mit dieser allgemeinen Antwort die meisten unserer konkreten Fragen nicht beantwortet. Wenn man Geschäftspartner mit zusätzlichem Bürokratismus behelligt, dann sollte es dafür einen gewichtigen Grund geben! Doch die Allianz macht ein Geheimnis daraus, warum die bisherigen Überprüfungen bzw. Erkenntnisse bei einer Schadensbearbeitung nicht mehr ausreichen sollen. Wie groß eine sehr geringe Stichprobengröße tatsächlich ist, auch da lässt die Allianz sich nicht in die Karten blicken und kann den Kontrollumfang nach Belieben definieren.

Versicherungsmakler und Dozent für Versicherungsrecht Wilfried E. Simon, Mitglied im Rechtsausschuss der IGVM – Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler, kritisiert: „Dass die Allianz die Zulassungsbescheinigung vom Versicherungsmakler anfordert, ist nicht nur neu, sondern auch meiner Meinung nach unzulässig. Denn der Versicherer kann – und wird dies in aller Regel auch tun – im Antrag nachfragen, wer Versicherungsnehmer und Halter des zu versichernden Fahrzeugs ist. Der Versicherer sollte nicht mit Versicherungsvermittlern zusammenarbeiten, wenn man deren Angaben im Antrag bzw. der Deckungsnote nicht traut.“

‚vt‘-Fazit: ++ Vorsätzliche Falschangaben bei einem Versicherungsantrag sind kein Kavaliersdelikt. Eingabefehler können passieren, und wenn einem Sachbearbeiter eine Unstimmigkeit auffällt, dann kann er den Vermittler darauf konkret hinweisen und um Überprüfung bitten. Aber ohne Anlass stichprobenartig Überprüfungen mit Abforderung von Beweismitteln durchzuführen, ist eine ganz andere Nummer.

Das zeugt von einem tiefen Misstrauen. Dass die Allianz dabei nicht nur Versicherungsmakler fokussiert, sondern sogar ihren eigenen Ausschließlichkeitsvertretern misstraut, macht die Kontrollitis nicht besser. Versicherungsmakler können zumindest über Folgen des neuen Kontrollwahns für die Geschäftspartnerschaft nachdenken.

++ Wenn bei einem Versicherer Juristen und Sachbearbeiter unterbeschäftigt sind, sollte dieser schleunigst über Kostensenkungsmaßnahmen nachdenken, die dann zu günstigeren Versicherungsbeiträgen führen können. Rechtschaffenen Versicherungsmaklern zusätzliche Bürokratie aufzuhalsen, ist fehl am Platz. 

++ Meldungen gerne an die ‚vt‘-Redaktion, wenn auch Sie einer solchen Stichprobenkontrolle unterzogen werden.

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