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Wie genau nimmt es die AXA mit Recht und Gesetz?

Nachdem ein Versicherungsmakler ein von ihm angestrengtes Gerichtsverfahren gegen einen Versicherer verloren hatte, zahlte er unmittelbar nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Gerichtes die zu erstattenden Kosten nebst Zinsen an die Prozessbevollmächtigte. Gleichwohl verfügte die beklagte AXA eine Auszahlungs-Sperrung der Vermittlerkonten.

Auch wenn es nicht um riesige Beträge geht, so wirft das doch erhebliche Fragen an die Rechtstreue der AXA auf: Die Otto Assekuranzmakler KG/Isernhagen hatte die AXA Krankenversicherung AG 2019 verklagt und den Rechtsstreit verloren. Entsprechend dem Kostenfestsetzungsbeschluss des AG Hannover vom 23.03.2020 (Az. 426 C 5157/19) wurden Ende März 2020 die zu erstattenden Kosten von Versicherungsmakler Michael Otto an die von der AXA mandatierte Kanzlei überwiesen. In den Folgemonaten stellte er fest, dass anfallende Courtagen zwar dem Vermittlerkonto gutgeschrieben, aber nicht ausgezahlt wurden. Dass man seine Vermittlerkonten gesperrt hatte, war der AXA offenbar keine Benachrichtigung des Geschäftspartners wert.

Am 17.07. bat Versicherungsmakler Otto die AXA um Auszahlung, erhielt aber keine Antwort. Auf die daraufhin am 03.08. erfolgte Vorstandsbeschwerde erhielt Otto am 24.08. die Antwort, „aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses“ im Rechtsstreit mit der Otto Assekuranzmakler KG und „dem im Anschluss erforderlichen internen Schriftwechsel mit unserer Prozessbevollmächtigten haben wir die Vermittlerkonten zur Auszahlung gesperrt.

Gemäß dem vorgenannten Kostenfestsetzungsbeschluss und dem Urteil vom 02.09.2019 waren die Kosten für den Rechtsstreit von Ihnen zu tragen. Da die Abrechnung dieser Kosten über die Vermittlerkonten erfolgen mussten, war die Auszahlungssperre Ihrer Vermittlerkonten notwendig. Wie Sie den Einzelnachweisen zum Kontoauszug entnehmen können, erfolgte die Buchung der Kosten am 30.07.2020. Am gleichen Tag wurde die Auszahlungssperre gelöscht. Die Auszahlung der Courtagen ist mit dem nächsten Zahlungslauf am 05.08.2020 erfolgt.“

Eine Darstellung, die der Versicherungsmakler so nicht bestätigen kann: „Im Zeitraum vom 28.04. bis zum 06.08.2020 waren Courtagen in Höhe von 334,12 € aufgelaufen“, berichtet Otto und verweist auf die Auszüge der Vermittlerkonten. Der Knackpunkt: „Eine Buchung der Kosten ist über das Courtagekonto nach meinen Unterlagen nicht erfolgt.“

Die Abrechnung der Kosten laut Kostenfestsetzungsbeschluss habe „über die Vermittlerkonten erfolgen“ müssen, behauptet die AXA, um die Auszahlungssperre der Vermittlerkonten zu begründen. Aus den uns vorliegenden Kontoauszügen ergibt sich aber keine solche Abrechnung. „Der Hinweis der AXA ist falsch“, fasst Otto die Sachlage zusammen. Hat die AXA für ihre Vorgehensweise und Behauptung eine Begründung? Fragen, die wir dem AXA-Vertriebsvorstand Kai Kuklinski auf den Tisch gelegt haben:

++ Auf Basis welcher Rechtsgrundlage hat AXA die Vermittlerkonten zur Auszahlung gesperrt?  ++ Wurde die Otto Assekuranzmakler KG über die Sperrung der Vermittlerkonten informiert?  ++ Wann wurden die Positionen des Kostenfestsetzungsbeschlusses auf welches Vermittlerkonto der Otto Assekuranzmakler KG gebucht?  ++ Erfolgte die Abrechnung der Kosten für den Rechtsstreit über das Vermittlerkonto?  ++ Warum wurde die Sperrung nicht aufgehoben, obwohl die Otto Assekuranzmakler KG Ende März die Kosten laut Kostenfestsetzungsbeschluss gezahlt hat?

Wer solche Behauptungen aufstellt wie die AXA, der sollte auch die rechtliche Zulässigkeit seines Tuns problemlos darlegen. Bei dem deutschen Statthalter des französischen Versicherers ist das nicht so: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir uns zu individuellen kunden- und partnerspezifischen Aspekten nicht äußern“, lautet die lapidare und inhaltsleere Antwort auf unsere an Vorstand Kuklinski gerichteten Fragen.

Nun sind Versuche, uns durch fehlende, nichtssagende oder gar drohende Antworten von seriöser Recherche und Bericht abzubringen, nie erfolgreich – wir haben die Unterlagen herangezogen und genau angeschaut. Die AXA will noch nicht einmal erklären, ob sie überhaupt eine Rechtsgrundlage dazu hatte, die Konten zu sperren. Es riecht nach purer Willkür, um Otto eins ‚auszuwischen‘, dass die Sperrung erfolgte, weil die Abrechnung der Kosten für den Rechtsstreit über die Vermittlerkonten angeblich erfolgen musste.

Denn üblicherweise erfolgt die Kostenerstattung an den mandatierten Rechtsanwalt des Gewinners des Rechtsstreites. „Der Berechtigte kann aus diesem Beschluss die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der festgesetzte Betrag nicht binnen zwei Wochen  seit der Zustellung gezahlt ist“, zeigt das AG Hannover den zulässigen und korrekten Rechtsweg auf. Verfügte AXA die Kontensperrung, um – falls die Zahlung nicht erfolgt – das ordnungsgemäße Verfahren der Zwangsvollstreckung nicht durchführen zu müssen? „Das ist Gutsherrenart!“, wirft Otto der AXA vor, die für ihre Vorgehensweise keinerlei Rechtsgrundlage liefert.

Da der Versicherungsmakler den Betrag nebst Zinsen direkt zahlte, also kein Fristversäumnis vorlag, gab es selbst für das grundsätzlich rechtlich zulässige Zwangsvollstreckungsverfahren keine Berechtigung. Die Faktenbehauptung, dass „die Auszahlungssperre Ihrer Vermittlerkonten notwendig“ war, da „die Abrechnung dieser Kosten über die Vermittlerkonten erfolgen mussten“, wird zudem durch die Tatsachen als unwahr entlarvt: Bei ordnungsgemäßer Buchführung hätten die Kosten laut Kostenfestsetzungsbeschluss – folgt man den AXA-Behauptungen – in einem der Kontoauszüge aufgeführt werden müssen. Sie tauchen aber nicht auf!

Willkür und rechtlich wohl unzulässig sind aber noch die harmlosen Schlussfolgerungen für dieses Vorgehen der AXA. Wenn die AXA glaubt, eine Rechtsgrundlage zu haben, ohne diese zu nennen, und wenn sie meint, nicht willkürlich zu handeln, dann fällt uns nur die folgende Erklärung ein: Es muss einem Versicherer schon das Wasser bis zum Halse stehen, wenn er die Vermittlerkonten eines solventen Versicherungsmaklers sperrt, obwohl selbst das Gericht eine Frist bis zu einer möglichen Zwangsvollstreckung einräumt. Versicherungsmakler Otto hat die von ihm zu tragenden Kosten jedenfalls fristgerecht vollständig bezahlt. Zumindest hat die AXA inzwischen die verdienten Courtagen an Otto ausgekehrt.

‚vt‘-Fazit: Die Aussage der AXA ist falsch. Die Vorgehensweise erscheint willkürlich. Eine Rechtsgrundlage ist nicht erkennbar und wird von der AXA weder gegenüber dem Versicherungsmakler noch auf Anfrage der ‚vt‘-Redaktion genannt: Wenn ein Versicherer so mit seinen Geschäftspartnern umspringt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass er dies auch mit Versicherungsnehmern so macht. Wir raten daher zur Vorsicht. Informieren Sie Ihre Kunden über die Verhaltensweise der AXA, sollten sie diesen AXA-Produkte empfehlen!

 

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