vt – Aktuelle Themen

Wie lange deckt die AXA unzulässiges Maklertreiben gebundener Vertreter?

Sie sind Versicherungsmakler und erhalten plötzlich Post von einem gebundenen Versicherungsvertreter. Der erklärt Ihnen, dass Sie mit dem Schreiben die „Kündigung der Maklervertrages/Vollmacht“ Ihres (bisherigen) Kunden ,Müller‘ erhalten. Die Kündigung im Auftrag eines Dritten geht rechtskräftig natürlich nur, wenn eine entsprechende Bevollmächtigung vorliegt. Diese Vollmacht wird auch mitgeliefert. Das geht  nicht, denken Sie jetzt, dass ein gebundener Vertreter mit Maklervollmachten operiert? Da haben Sie Recht. Aber ein Maklerkollege aus Süddeutschland hat genau das erlebt, und so ist der Fall auf dem ‚vt’-Redaktionstisch gelandet: Die für die AXA tätigen gebundenen Versicherungsvertreter Alexander Koller, Thomas Maier, Martin Schreier und Ralf Sperandio firmieren unter Team Augsburg Koller-Maier-Schreier-Sperandio oHG als AXA Generalvertretung. Das ‚Team Augsburg’ schließt Vollmachten in „Versicherungsangelegenheiten“ ab. Damit bevollmächtigt der jeweilige Auftraggeber die AXA-Vertreter „zur Regelung seiner Versicherungsverhältnisse (...) sowie zur Beschaffung des erforderlichen Versicherungsschutzes“. Insbesondere sind von der Vollmacht umfasst:  ++ „Die uneingeschränkte aktive und passive Vertretung des Auftraggebers gegenüber den jeweiligen Versicherern und Maklern einschließlich der Abgabe und Entgegennahme aller Versicherungsverträge betreffenden Willenserklärungen und Anzeigen.“  ++ „Die Kündigung bestehender und den Abschluss neuer Versicherungsverträge.“  ++ „Die Geltendmachung der Versicherungsleistungen aus vermittelten bzw. betreuten Versicherungsverhältnissen und die sonstige Mitwirkung bei der Schadenregulierung.“ Die AXA-Vertreter schließen also Vollmachten ab mit den typischen Tätigkeiten eines Versicherungsmaklers. Obendrein lassen sie sich dazu bevollmächtigen, „alle noch bestehenden Maklervereinbarungen und -vollmachten zu kündigen“. Von den Vollmachten haben die AXA-Vertreter dann auch Gebrauch gemacht. „Als Versicherungsmakler gilt, wer gegenüber dem Versicherungsnehmer den Anschein erweckt, er erbringe seine Leistungen als Versicherungsmakler“, besagt § 59 Abs. 3 Satz 2 VVG. Dann müsste aber auch die notwendige Qualifikation, VSH und Registrierung als Versicherungsmakler vorliegen. Dem ist aber nicht so. Ein betroffener Versicherungsmakler wollte das Treiben der AXA-Vertreter nicht weiter hinnehmen und legte seinem Berufsverband Interessengemeinschaft Deutscher Versicherungsmakler e.V. (IGVM) den Vorgang vor.

Deren 1. stv. Vorsitzender Michael Otto nahm die Sache in die Hand und wollte die Angelegenheit ohne großes Aufheben regeln. Wenn gebundene Vertreter unzulässiger Weise wie ein Versicherungsmakler Vollmachten akquirieren, sollte eigentlich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (UE) genügen, um Folgemissetaten abzuwenden. Doch wie Otto schildert, weigerten sich die AXA-Vertreter eine UE abzugeben und lehnten auch die Übernahme der daraus resultierenden Gebühren ab. Danach legte die IGVM dem AXA-Vorstandsvorsitzenden Dr. Alexander Vollert den Vorgang auf den Tisch und machte den AXA-Chef „auf die unlauteren Geschäftspraktiken Ihres Versicherungsvertreters aufmerksam“ und dass das die AXA-Generalvertretung „im geschäftlichen Verkehr als Versicherungsmakler“ auftritt. Auch wies die IGVM Dr. Vollert auf einen Verstoß „gegen Ziffer 7 des Verhaltenskodex des GDV, die fehlende Berufshaftpflichtversicherung und dass, nach § 48 Abs. 2 VAG, „eine Zusammenarbeit unzulässig ist“, wenn „Zweifel an der Zuverlässigkeit des Vermittlers bestehen“.

Auch der ‚vt’-Redaktion lagen Vollmachten und Unterlagen vor. Im Zuge unserer Recherche richteten wir unsere Anfragen zum einen an das ,Team Augsburg‘. Wissen wollten wir  ++ wie es sich nach deren Auffassung mit der Registrierung als gebundene Versicherungsvertreter vereinbart, wie ein Versicherungsmakler umfassende Vollmachten für Versicherungsangelegenheiten einzuholen  ++ ob der AXA dies bekannt ist und  ++ diese das akzeptiert oder aber aufgefordert hat es zu unterlassen, Vollmachten mit umfassenden Tätigkeiten eines Versicherungsmaklers zu akquirieren. Auch Dr. Thilo Schumacher, Vertriebsvorstand der AXA Deutschland, konfrontierten wir mit der ‚Geschäftstätigkeit’ seiner Vertreter und wollten wissen, ++ ob der AXA dieses Treiben bekannt ist  ++ welche Maßnahmen man ergriffen hat oder nun ergreifen wird, um dies zu unterbinden, und  ++ wie die AXA überprüft, ob diese Maßnahmen wirken. Zudem hinterfragten wir die  ++ Zuverlässigkeit solcher Vertreter,  ++ ob die Haftung für eine Falschberatung den Patron, also die AXA, trifft, und insbesondere: Hat die AXA unter Vorlage einer Vollmacht Geschäftstätigkeit entfaltet, bspw. Vertragsunterlagen von AXA-Kunden dem ‚Team Augsburg’ zur Verfügung gestellt? Die Antwort der AXA: „Ihre beiden Anfragen an Herrn Dr. Schumacher und Herrn Koller haben wir erhalten und nehmen wie folgt Stellung: Wir möchten Sie um Verständnis bitten, dass wir uns grundsätzlich nicht zu einzelnen Vertriebspartnern äußern. Wir können Ihnen aber versichern, dass wir derartigen Hinweisen selbstverständlich nachgehen und – wenn erforderlich – entsprechende Maßnahmen ergreifen.“ Statt Konkretes, wie die AXA ein solches Treiben unterbindet, nur Allgemeinplätze. Halten wir fest: Die Vollmachten akquirierenden AXA-Vertreter haben nun wohl die Brisanz ihres Tuns erkannt und unsere Anfrage an AXA Deutschland weitergereicht. Auch wurde die UE unterzeichnet und die Gebühren bezahlt. Und AXA selbst scheint auch zu erkennen, dass hier Verfehlungen vorliegen. Damit wechseln wir zurück zu IGVM, denn auch die hatte auf Ihr Schreiben an den AXA-Chef von der Rechtsabteilung Antwort erhalten: „Der Umstand, dass unsere Agentur in geringem Umfang Vollmachten verwendete, die die Grenze zur Maklervollmacht überschreiten, hatten wir bereits im vergangenen Jahr für ein Einschreiten zum Anlass genommen. Der von Ihnen gerügte Vorgang stammt wohl noch aus der Zeit, bevor wird die Rechtslage verdeutlicht hatten.“ Nach dieser Verniedlichung schaltete die IGVM nach der zuständigen IHK auch die BaFin ein. Schauen wir aber auf die Antwort der AXA-Rechtsabteilung und unsere dort vorgenommenen Unterstreichungen. Wie die AXA mit ‚Vollmachten’ einräumt, können wir auf Basis der uns vorliegenden Unterlagen bestätigen, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Was aber bereits im vergangenen Jahr Anlass zum Einschreiten gab, hat offenbar hinsichtlich ‚Einschreiten’ nicht gefruchtet. Denn laut einer ‚versicherungstip’ vorliegenden internen Mail bittet im Jahre 2018 die AXA-Generalvertretung die AXA-FIBA Region Süd „um Zusendung der Policen“. Dabei werden diverse Versicherungsscheinnummern aufgelistet, die offenbar gar nicht im Bestand der AXA Generalvertretung Team Augsburg Koller-Maier-Schreier-Sperandio oHG sind, denn: „Die Vollmacht finden Sie oben anbei.“ Akzeptiert die AXA Maklervollmachten von ihren gebundenen Vertretern, obwohl sie doch die Rechtslage kennt?

‚vt’-Fazit: ++ Der GDV-Verhaltenskodex setzt für Versicherer und deren Vertreter einen Rahmen von Normen und Werten, um den Interessen der Kunden gerecht zu werden. Wie das Treiben der AXA-Vertreter damit vereinbart ist, wollte das GDV-Kodex-Mitglied AXA nicht beantworten  ++ Die ‚vt’-Erkenntnisse liegen inzwischen der BaFin als auch der IHK für München und Oberbayern vor. Wenn gebundene Vertreter solche Vollmachten akquirieren, dann ist das Grund, an deren Zuverlässigkeit zu zweifeln. Wenn sich dieses Treiben fortsetzt, obwohl die AXA laut eigener Aussage eingeschritten ist, dann nimmt die AXA die ihr durch VAG aufgegebene Kontrolle der gebundenen Vertreter zu nachlässig wahr. – Ein dringender Fall für die BaFin.

Teilen Sie diese Neuigkeit in Ihrem Netzwerk