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WP-Kammer-Beiratswahlen am 5. Juli 2022 – eine kontroverse Diskussion –

Wirtschaftsprüfer nehmen auch im Finanzbereich eine wichtige Rolle ein. Insofern sind auch Vorkommnisse bei der Wirtschaftsprüferkammer im Zusammenhang mit der anstehenden Beiratswahl von Interesse. Vor diesem Hintergrund wollen wir mit dieser Beilage einen Diskussionsbeitrag für die Beiratswahlen leisten. Zunächst geben wir (in 5 Akten) die Historie aus der kritischen Sicht der wp-net-Geschäftsführung wider. Im zweiten Teil dieser Beilage lassen wir für das Institut der Wirtschaftsprüfer/IDW WP und StB Andreas Dörschell zu Wort kommen:

1. Akt (1961 bis 2011) Pseudo-demokratisches Wahlrecht zur Sicherstellung der IDW-Herrschaft über die WPK nach 50 Jahren durch wp.net abgeschafft

Von 1932 bis 1961 – eine Kammer gab es noch nicht – herrschte das IDW über die Wirtschaftsprüfer. Dr. Hans Adolf Weyershaus berichtet darüber in seiner Diss. "WPg von 1931 bis 1961". Gleich nach der Öffnung der Wirtschaftsprüferkammer (WPK) 1961 übernahm das IDW mit Hilfe des damaligen Vollmachtswahlrechts mit Präsenzpflicht die WPK. Weder die Rechtsaufsicht noch der Berufsstand störten sich daran, dass sich ein privatrechtlicher Verein die hoheitliche WPK aneignete. Wer in der WPK eine Funktion ein­nehmen wollte, musste erst die "Gesinnungskontrolle der IDW-Wahlliste" bestehen und in sie aufgenommen werden. 

Bei den alle drei Jahre stattfindenden Beiratswahlen auf der WP-Versammlung war es für die im IDW herrschenden Gesellschaften ein Leichtes, mit den fünf Vollmachten (und weiteren Untervollmachten) die Versammlungsmehrheit zu organisieren. Die Wahl war dann nur noch der formale Akt der Bestätigung der IDW-Wahlliste. Den IDW-Herrschaftsanspruch über alle deutschen Wirtschaftsprüfer hat das IDW – nach unserer Wahrnehmung – bis heute nicht aufgeben. Trotzdem verweigert das IDW Wirtschaftsprüfern (z. B. WP Michael Gschrei) die Aufnahme in das IDW.

Bis 2008 (letzte WP-Versammlung alter Prägung) erhielten immer 100 % der WP-Sitze im WPK-Beirat und damit auch im WPK-Vorstand die IDW-Kandidaten. Damit hatte das IDW über den WPK-Vorstand unbegrenzten Einfluss auf die WPK. Ab 2007 forderte WP Gschrei auf rund zehn WPK-Jours fixes deutschlandweit die Einführung der Briefwahl.

Ein Jahr nach der letzten WP-Versammlung 2008 wurde Freiherr zu Gutenberg im Februar 2009 Wirtschaftsminister und beschloss kurze Zeit später die Einführung der Briefwahl. Gleich bei der ersten Briefwahl 2011 erlitt das IDW einen totalen Machtverlust. Die Gschrei-Liste bekam alle 51 WP-Plätze des Beirates und stellte den erstmals demokratisch breit legitimierten Vorstand der WPK. Demokratisch wurde das IDW nicht.

2. Akt (2011 bis 2014) Nach der 50 Jahre dauernden externen 'Kaperung' folgt nach dem Machtverlust nun die interne 'Kaperung' der WPK über die beiden GF

Noch vor dem Regierungswechsel im August 2011 reagierte der Noch-IDW-Präsident, Prof. Pfitzer, und sein WPK-Vorstand (auch Gerhard Ziegler war darunter) mit einer geheimen Verlängerung der Kündigungsfristen der beiden Geschäftsführer Maxl und Dr. Veidt von einem auf fünf Jahre. Die Herren hatten in der WPK viele Jahre treu den jeweiligen Präsidenten unter der IDW-Herrschaft gedient.

GF Maxl begründete seine undemokratische Mitwirkung am "sog. internen Putsch" gegenüber dem neu gewählten Präsidenten Gschrei: "Wir haben den Auftrag, auf die Kammer aufzupassen." Was das bedeutete, erlebte der Wahlsieger wp-net in seinen drei 'Regierungsjahren' bis 2014. Kein einziges der wp-net-Wahlziele konnte verwirklicht werden: Alle Mittelstandprojekte, wie Honorarordnung, verhältnismäßige Qualitätskontrolle, skalierte Prüfung, scheiterten immer wieder am Widerstand der Geschäftsführung und/oder der Kammermitarbeiter.

 Zwar wurde das Verhältniswahlrecht 2013 beschlossen, aber ohne die geforderte Gegenleistung "Spiegelbildlichkeit" bei der Vorstandswahl. Die GF Dr. Veidt und Maxl empfahlen dem zuständigen WPK-Ausschuss, keine verbindliche Vorgabe zur Wahl des Vorstands in der Kammersatzung zu machen. Damit wurde vorausschauend der Grundstein dafür gelegt, dass nach der ersten Verhältniswahl 2014 die WP Gschrei-Liste mit 37 % der Sitze im Beirat keinen Platz im Vorstand bekam. Das tollste Stück leisteten sich der Vorstand auf Anraten der Geschäftsführung und des APAK-Vorsitzenden Spindler im März 2012 gegen die Stimme des Präsidenten Gschrei: Die Organisation der (Big4)-Sonderuntersuchung wurde auf die (von ehemaligen Big4-WPs besetzte) APAK übertragen.

Damit war die größte Angst der Big4 beseitigt: Die Big4-Prüfermängel aus der Finanzkrise blieben somit geheim und wurden nicht an die Staatsanwaltschaft zur Bearbeitung abgegeben. Dies gelang durch folgenden 'Trick': Offensichtlich schwere Prüfungsmängel wurden ab 2012 mit Zustimmung der APAK und des Generalstaatsanwalts als 'mittelschwere Fälle' eingestuft.

Schwere Fälle hätten ans ordentliche Gericht abgegeben werden müssen. Die mittelschweren blieben in der WPK 'versteckt'. Nach dem Rücktritt von Gschrei im März 2012 als Präsident der WPK wurde aus der 'Präsidentenkammer' eine 'Geschäftsführerkammer'. Das IDW behielt mit den Geschäftsführern Maxl und Dr. Veidt alle Fäden in der Hand.

3. Akt (2014 bis 2018) IDW am Ziel: Das wp-net-Verhältniswahlrecht verschafft den Big4-Listen und der IDW-Herzig-Liste die Mehrheit in der WPK 

Bei der ersten Verhältniswahl*  2014 bekam wp-net 37 % der Stimmen. Die IDW-Herzig-Liste kam auf 30 %, die Big4 zusammen auf 31 %. Ziegler als vorgesehener Präsident entschied, wp.net vom WPK-Vorstand fernzuhalten. Erst jetzt wurde den wp.net-Leuten klar, dass die Geschäftsführung den 'wp-net-Beirat' mit der falschen Spiegelbildlichkeit 'überlistet' hatte**.

Damit übernahm durch die Wahlrechtsänderung das Duo IDW/Big4 ganz offiziell wieder die Kontrolle über die Kammer. Die WPK konnte sich ungestört für die anstehenden EU-Abschlussprüfer-Reform dem Interesse der BIG4 zuwenden und den Big4 alle EU-Wahlrechte in den deutschen Gesetzen sichern.

Hierzu liegt uns ein Geheimprotokoll vor, welches dokumentiert, wie das BMWI zusammen mit dem WPK-Präsidium anscheinend im Interesse der Big4 die EU-WP-Reform in Deutschland umsetzen sollte. Dazu steuerte das IDW rechtzeitig ministerielle Unterstützung bei. So erhielten die für die Reform zuständigen BMWI- und BMJ-Ministerialbeamten im zeitlichen Zusammenhang mit der EU-WP-Reform vom IDW Verlag Autorenzahlungen. Die Autorentätigkeit bestand darin, ihren Namen für ein Buch, das nur aus kopierten EU-Rechtsnormen bestand, herzugeben.

*) Zuvor galt das Mehrheitswahlrecht auf Wunsch des WPK Präs.Prof. Pfitzer. Dieses Verhältniswahlrecht war allein durch wp.net zugunsten von IDW&Big4 geändert worden.

**) Das Verhältniswahlrecht galt somit nur für die Wahl und die Zusammensetzung des Beirats, für die Vorstandswahl blieb es bei dem Mehrheitswahlrecht (dann gerade gegen wp-net.).

4. Akt (2018–2022) Trotz Anwesenheit von wp-net im WPK-Vorstand behält das 'IDW-Personal' die Oberhand. Weil die einfache Vorstandsmehrheit schon reicht!

Die Beiratswahl 2018 ergab 47 % der Stimmen für wp-net. Es kam zur großen Koalition aus BIG4, IDW und wp-net-Listen. Von den zehn Zielen des Vorstands 2018–2022 wurde kein einziges im Ergebnis umgesetzt. Die wichtigsten Umsetzungsdefizite sind für uns:

Die verhältnismäßige Qualitätskontrolle scheiterte am Willen der Vertreter der Ziegler/Big4-Listen in der Kommission für Qualitätskontrolle, die die schon vom EU-Recht und in der WPO geforderte Verhältnismäßigkeit nicht beachtete.

Die Zusammenführung der Berufsbezeichnungen WP/vBP scheiterte am Widerstand des IDW, das deswegen sogar mit zwei Lobbyisten beim BMWi vorstellig wurde.

Das Desinteresse an stärkerer Einbindung der WPK durch das IDW bei der Schaffung von KMU-Prüfungsstandards wurde zuletzt am Beispiel des 'IDW EPS-KMU' vorgeführt.

Die Reform der Beitragsordnung scheiterte, weil die Geschäftsführung der WPK die Datenbasis nicht liefern wollte oder konnte.

Ein deutliches Indiz für eine starke Einflussnahme des IDW auf die WPK waren für uns auch die laufenden Spitzengespräche zwischen Präsident Ziegler und IDW Chef Naumann. Unserer Vertretung im Präsidium, Frau Vieler, wurde von Präsident Ziegler bis zum Schluss die Teilnahme an diesen Gesprächen grundlos verweigert; Protokolle über diese Gespräche wurden nicht erstellt. 

Regelmäßig versuchte der WPK-Präsident Ziegler den Oppositionsführer Gschrei wegen dessen wp-net-Stellungnahmen oder Interviews oder wegen seiner Äußerungen in der Causa EY-Prüfung Wirecard einzuschüchtern. Am 27. Mai 2022 griff Kollege Ziegler wieder einmal zum Telefon, um im Auftrag von Prof. Naumann WP Gschrei zu dessen kritischen Äußerungen auf einer WP-Bestellung zum Thema IDW-EPS-KMU 'abzumahnen'. WPK Präsident Ziegler verabschiedete sich nach 2 Minuten mit den Worten: Er "habe damit den Naumann-Auftrag ausgeführt!" 

Wir haben aus dem Verhalten der Mehrheitslisten IDW/Big4 uns gegenüber Folgendes zur Kenntnis nehmen müssen: IDW & Big4 werden nie eine dem gesamten Gemeinwohl des WP-Berufsstands verpflichtete WPK unterstützen. So wie es wp-net zum Beispiel mit der Einführung des Verhältniswahlrechts 2013 getan hat, um den Wahl-Listen von IDW&Big4 wieder Beiratssitze zu ermöglichen.

5. Akt (2022–2026) Die Wähler können die IDW-Herrschaft über die WPK einfach beenden – Sie müssen nur wp-net-Listen wählen!

Wer die Übermacht des IDW verhindern will, darf der IDW/Dörschell-Liste keine Stimmen geben. Der Kandidat Dörschell ist unserer Einschätzung nach ein dem IDW treu ergebener Gefolgsmann. Nach dem Studium erhielt er fünf Jahre lang seine IDW-Ausbildung in der IDW-Zentrale; später war er viele Jahre bei PWC beschäftigt. Seit Jahren ist WP Dörschell Mitglied im IDW HFA und in der Geschäftsleitung der Falke Gruppe, die mit fast 40 Mio. € Umsatz bestimmt keine kleine oder mittelständische WP-Praxis darstellt.

Obwohl die Dörschell-Liste behauptet: "Wir sind Vertreter kleinerer und mittelständischer Praxen." Auch die unserer Meinung nach leeren Wahlsprüche der Dörschell-Liste halten einem Realitätstest nicht stand. Alles was die Dörschell-Liste verspricht, hätte er schon längst selbst zusammen mit seinen anderen Mitstreitern (z. B. WP Petersen) in den letzten acht Jahren im WPK-Vorstand und mit der Mehrheit der 'Ziegler-Liste' umsetzen können. 

An ihren Taten sollt ihr (sie) erkennen! (1. Johannes 2,1-6) – hier: Dass Dörschell & Co für die kleinen Gesellschaften und die Einzelpraxen in den letzten Jahren wenig bis nichts getan haben. 

Beenden Sie das Drama einer Macht-'Elite', die durch verzweifelte Appelle an die Einheit des Berufsstandes ("Der WP-Berufsstand muss mit einer (IDW)Stimme sprechen.") ihren Machtverlust aufhalten will. Was sie nicht sagen, aber wohl denken: "Die kleinen WP-Praxen sollen gefälligst den Mund halten." Eine wirklich demokratische und dem Ansehen des gesamten Berufsstands dienende WPK-Politik ist nur mit der WP Gschrei-Liste und vBP Eschbach-Liste möglich.

Die nachfolgende Darstellung gibt die Wahrnehmung der Geschehnisse aus der Sicht von WP StB Andreas Dörschell wieder (Vertreter des WP-Mittelstands)

Auch im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer gibt es Zeiten des Wahlkampfs – alle vier Jahre wird der Beirat der Wirtschaftsprüferkammer von deren sämtlichen Mitgliedern gewählt. Jeder Wirtschaftsprüfer entscheidet mit seinen Stimmen über die Zusammensetzung des Beirats und damit mittelbar über die Zusammen­setzung des Vorstands, der Vorstandsausschüsse und des Präsidiums. Mit Ausübung ihres Wahlrechts gestalten die Mitglieder der WPK ihre berufliche Selbstverwaltung.

Der Wahlkampf führt dann zu einer für den Berufsstand eher ungewöhnlichen 'Zuspitzung' der politischen Positionen der unterschiedlichen Listen, die zur Wahl antreten. Soweit ersichtlich, nehmen zwei dieser Listen, die Gschrei-Liste und wir, die Dörschell-Liste, für sich in Anspruch, den beruflichen Mittelstand zu vertreten.

Als Dörschell-Liste verstehen wir unter Mittelstand sämtliche Gesellschaften diesseits der vier großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (Big4). Daher ist es unser Ansatz, den Mittelstand in seiner ganzen Breite zu vertreten – von der Einzelpraxis bis zur Nummer fünf im Markt. Dies spiegelt sich auch in den Kandidaten unserer Liste wider: Von der Einzelpraxis mit Kolleginnen und Kollegen, die sich auf die Steuerberatung konzentrieren, über kleinere mittelständische Gesellschaften bis zu den sog. Next-10-Gesellschaften.

Ich selbst bin Geschäftsführer einer Gesellschaft mit rund 400 Mitarbeitern und einer Vielzahl von Mandanten aus dem Mittelstand. Dass mir wp-net die Zugehörigkeit zum Mittelstand abspricht, erscheint mir nicht nachvollziehbar – insbesondere, wenn man dort für sich selbst in Anspruch nimmt, den gesamten Mittelstand zu vertreten. Aber auch das ist wohl dem Wahlkampf geschuldet. Dieser Wahlkampf ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags weitgehend beendet. Der Wahltag ist der 5. Juli 2022.

Damit spare ich mir eine ausführliche Auseinandersetzung mit Ereignissen im Berufsstand der Wirtschaftsprüfer, die z. T. Jahrzehnte hinter uns liegen. Festhalten möchte ich aber, dass es sicherlich das Verdienst des Kollegen Gschrei ist, mit seinem Einsatz für die Briefwahl einen wichtigen Beitrag dazu geleistet zu haben, dass der jetzige Beirat eine wirkliche demokratische Legitimation hat. Das hilft uns als Berufsstand auch und vor allem in der Diskussion mit Politik und Öffentlichkeit.

Die Wirtschaftsprüferkammer ist unsere berufliche Selbstverwaltung, die unseren Berufsstand für die Zukunft positioniert. Und damit sind wir bei den Kernthemen, die unsere Liste in der kommenden Legislaturperiode in den Fokus stellen möchte:

1. Prüfung/Beratung aus einer Hand muss im Mittelstand zulässig bleiben

Der ganzheitliche Ansatz des mittelständischen WP als Generalisten entspricht dem, was auch der mittelständische Mandant erwartet. Er erwartet Prüfung und Beratung aus einer Hand. Er will einen Ansprechpartner auf Augenhöhe für alle Fragen seines unternehmerischen Wirkens. Genau das bieten wir als Generalisten an. Daraus erwachsen langfristige Mandantenbindungen.

Der Ansatz bedingt unsere umfassende Qualifikation und ein ganzheitliches Berufsbild, das mit den aktuellen Entwicklungen Schritt hält. Meine Erfahrung ist zudem, dass wir als Mittelstand gerade durch diesen Ansatz attraktiv für guten Nachwuchs sind. Viele gute Absolventen suchen ein breites Betätigungsfeld und nicht die Nische bei der Großgesellschaft. Das ist unsere Chance.

2. Sicherung von Nachwuchs und Praxisnachfolge

Es muss uns gelingen, guten Nachwuchs für unseren Beruf zu interessieren. Wir müssen die Begeisterung für diesen schönen und vielfältigen Beruf wecken. Es ist gerade nicht ein vergangenheitsorientiertes Bearbeiten von Zahlenfriedhöfen oder Number-Crunching mit Ärmelschonern.

Entscheidend ist das Verstehen von wirtschaftlichen Zusammenhängen, von anspruchsvollen Geschäftsmodellen – bei jedem Mandanten immer wieder neu und anders und mit immer vielfältigeren Themen. Zentrale Themen der Zukunft dabei sind die Digitalisierung und Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Die Digitalisierung gibt uns mehr Möglichkeiten bei der Datenanalyse oder bei der Umsetzung moderner New-Work-Modelle. Die Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bietet gerade jungen Menschen die Chance, sich an der Fortentwicklung der ESG-Themen zu beteiligen.

3. Erhalt und Fortentwicklung einer leistungsstarken WPK

Gerade weil wir alle einen freien Beruf ausüben, benötigen wir eine WP-Kammer, die die Interessen aller Berufsangehörigen wahrnimmt und vertritt. Sie muss die Anliegen und Wünsche aller WP unabhängig von der Art ihrer beruflichen Tätigkeit in Betracht ziehen. Und sie sollte für uns alle tätig sein. Nur gemeinsam können wir uns öffentliches und politisches Gehör verschaffen. Dass wir dieses Gehör finden, ist aktuell wichtiger denn je, denn es verändert sich momentan viel für unseren Berufsstand und wir sehen uns großen Herausforderungen gegenüber.

Wir brauchen eine mit Augenmaß ausgeübte Qualitätskontrolle im Bereich der gesetzlichen Abschlussprüfungen außerhalb der Prüfungen von börsennotierten Unternehmen (Public Interest Entities). Sie muss transparent, praxisnah und maßvoll sein, aber auch inter­national anerkannten Standards entsprechen. Noch können wir gemeinsam dafür sorgen, dass dies gelingt. Die hierfür notwendige Gestaltung unserer Berufssatzung und der Satzung für Qualitätskontrolle sind die wichtigsten Instrumentarien, die wir durch unsere Mitwirkung in der WP-Kammer wahrnehmen.

Durch die Gestaltung der Berufssatzung können wir gesetzliche und internationale Anforderungen an unsere Berufsausübung angemessen und mit berufspraktischem Sachverstand in nationale Rahmenbedingungen für unsere tagtägliche Arbeit umsetzen. Abgesehen von diesen drei Kernthemen gibt es eine Vielzahl aktueller Themen, um die sich die Dörschell-Liste kümmert. Die Öffentlichkeit interessiert derzeit beispielsweise besonders, wie wir uns als Berufsstand zum Fall Wirecard positionieren.

Für den Berufsstand geht es hier vor allem darum, verloren gegangenes Vertrauen in unsere Arbeit zurückzugewinnen. Meines Erachtens hat der Fall aus Sicht des Berufsstands zwei Aspekte: Die Vergangenheitsbewältigung und den Blick nach vorn. In Bezug auf die Vergangenheitsbewältigung sind die Dinge auf dem Weg: Neben der gerichtlichen Aufarbeitung ist die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS für berufsaufsichtliche Verfahren betreffend der Abschlussprüfung börsennotierter Unternehmen zuständig und arbeitet offenbar seit einiger Zeit daran.

Soweit der Presse zu entnehmen ist, führt die APAS berufsaufsichtsrechtliche Verfahren gegen zwölf Personen und gegen die betroffene Gesellschaft. Was den Blick nach vorn angeht, müssen wir betonen, wie groß das Interesse der Öffentlichkeit an einer funktionsfähigen Abschlussprüfung ist, und deutlich machen, dass Zweifel an unserer Kernkompetenz keinesfalls angebracht sind: Wir als Berufsstand haben anerkannte Prüfungsstandards, wir haben Systeme zur Qualitätssicherung, wir haben ein System der Qualitätskontrolle.

Und wenn wir Verbesserungsbedarf erkennen, handeln wir. Qualität steht im Zentrum unser aller Arbeit, auch wenn das alles ein Fehlver­halten im Einzelfall nicht verhindern kann. Welcher Berufsstand hat denn Vergleichbares vorzuweisen? Die WPK ist Anwalt unserer gesamten Branche – diesem Anspruch muss sie auch gerecht werden!

Resümierend möchte ich appellieren: Bei allen zugespitzten Wahlkampfbotschaften dürfen wir nicht vergessen, worum es eigentlich geht: Es geht darum, die Existenz unseres Berufs zu sichern. Hierzu müssen alle gewählten Vertreter miteinander um die besten Wege ringen. Je geschlossener wir dabei auftreten, umso besser. Je mehr wir dabei Streit und Schuldzuweisungen nach außen tragen, desto leichter haben es Regulierer, uns immer neue Regeln vorzuschreiben. Es ist ganz sicher besser, wir wehren uns geschlossen mit allen Berufsangehörigen gegen die überbordende Regulierung unseres freien Berufs.

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