Elementarschadenversicherung

Soll eine („für alle Verbraucher erschwinglich verfügbare“) Elementarschaden-Pflichtversicherung eingeführt werden? Sind staatliche Schadenzahlungen von 80 % für Unversicherte richtig?

Die schlimmen Flutkatastrophen im Juli mit Milliardenschäden bei Bürgern und Unternehmen – nach aktuellen Zahlen des GDV belaufen sich die versicherten Schäden allein der Flutkatastrophe Mitte Juli auf 7 Mrd. € – haben reflexartig zu Rufen aus der Politik und in einigen Medien nach einer Elementarschaden-Pflichtversicherung geführt. Bundesweit sind laut GDV nur 46 % der Gebäude gegen weitere Naturgefahren wie Starkregen und Hochwasser abgesichert, im schwer betroffenen Rheinland-Pfalz sind es sogar nur 37 %. Und das, obwohl laut Munich Re-Boss Joachim Wenning 99,5 % der Gebäude in Deutschland problemlos gegen Elementargefahren versicherbar seien. Wir lassen es hier einmal dahingestellt sein, ob bei den 99,5 % nicht doch diverse Fälle sind, die nur zu extrem hohen Prämien und mit sehr hohen Selbstbehalten versichert werden würden, aber: Wenn rund 99 % der Gebäude versicherbar sind, drängt sich die Frage auf, warum mehr als die Hälfte der versicherbaren Häuser keinen Elementarschutz haben. Und so ist es auch aus den Katastrophengebieten zu hören: Manche sind versichert, andere nicht.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat eine Lösung ersonnen. Er fordert in einem Positionspapier vom August 2021, dass „Elementarschadenversicherungen für alle Verbraucher erschwinglich verfügbar werden“. In Teilen ist das Positionspapier durchaus ein überlegenswerter Ansatz, aber bereits der Titel des Positionspapiers „Für einen bezahlbaren Versicherungsschutz gegen Naturgefahren für Jedermann“ zeigt das Dilemma auf.

Denn wenn „zwei Jahre nach Einführung der Allgefahrenabdeckung“ die Maßnahmen nicht ausreichend Wirkung entfaltet haben, sollten bspw. „die Versicherungsprämien so abschreckend hoch sind, dass der Versicherungsschutz abgewählt wird oder die Verbreitung der Absicherung nicht mindestens 80 % erreicht, wird die Einführung einer Versicherungspflicht notwendig“. Da Versicherer risikogerecht tarifieren und Verbraucher Prämien von über 1.000 € als „abschreckend hoch“ empfinden, ist die Zwangsversicherung abzusehen. Der vzbv-Schlusssatz ist allerdings bemerkenswert: „Das Samariter-Dilemma‘ muss konsequent angegangen werden. Verbraucher, die sich nicht abgesichert haben, müssen darüber informiert werden, dass sie ihre Schäden selber tragen müssen.“ Genau das sieht der Bund einmal mehr anders.

Es ist natürlich eine herausfordernde Situation: Viele Menschen in den betroffenen Gebieten stehen vor dem Nichts, verloren ihr Haus und ihren Besitz. Das Bundeskabinett hat kürzlich die Verordnung zum 30 Mrd. € schweren Wiederaufbaufonds für die Opfer der Flutkatastrophe beschlossen. Diese muss noch durch Bundestag und Bundesrat. Private Haushalte und Unternehmen sollen in der Regel 80 % ihrer Schäden vom Staat ersetzt bekommen. Zahlungen von Versicherungen und Soforthilfen werden so angerechnet, dass maximal 100 % des Schadens abgedeckt sind. Einerseits ist vor Ort echte Not, so dass Hilfe notwendig ist, andererseits sollen auch Unversicherte stattliche 80 % ersetzt bekommen. Wenn man sich rund 99 % versicherbare aber in Rheinland-Pfalz nur 37 % versicherte Gebäude vor Augen führt, wird man davon ausgehen dürfen, dass sich da so mancher nicht versichert hat, weil er sich eine höhere Prämie sparen wollte. Für eine weitere Verbreitung der Elementarschadenversicherung und notwendigen Präventions-maßnahmen erscheint das erneute Signal, dass Hausbesitzer im Notfall auf die Hilfe des Staates vertrauen dürfen, sehr fragwürdig.

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