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BaFin-Aufsicht: Fällt bei den Grünen noch der Groschen?

In dieser Woche war der Bundestag im Ausnahmezustand. Im Eilverfahren wurden milliardenschwere Maßnahmenpakete zur Stützung der Wirtschaft beschlossen. Doch lassen Sie sich hiervon nicht täuschen: Im Hintergrund arbeiten das SPD-geführte BMF und Verbraucherschützer weiter daran, per Eilverfahren den überflüssigen und für Sie existenzbedrohenden Gesetzentwurf zur Aufsichtsübertragung voranzutreiben. Auch die Grünen befürworten die Übertragung der Aufsicht der Finanzanlagenvermittler auf die BaFin. Allerdings mischt sich in diese Zustimmung wohl zunehmend Nachdenklichkeit: Dies legt zumindest eine aktuelle Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion nahe unter dem Titel "Veränderungen durch den Übergang der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler und -vermittlerinnen sowie der Honorarberater und -beraterinnen auf die BaFin", wie es im neuesten Gender-Deutsch heißt (BT-Drs 19/17886).

Offenbar haben sich die Grünen – anders als etwa die SPD oder das BMF – mit der vernichtenden Fachverbände-Konsultation des Referentenentwurfs (vgl. 'k-mi' 03/20, 04/20 sowie 05/20) zumindest inhaltlich auseinandergesetzt. Die Fragen der Grünen an die Regierung zeugen nämlich davon, dass diese Befürchtungen haben, dass  ++ das zarte Pflänzchen der Honorarberatung durch das geplante Gesetz – neben den vielen Finanzanlagenvermittler-Existenzen – ebenfalls völlig sinnlos durch die BaFin-Aufsicht zertrampelt wird  ++ der Anlegerschutz durch den Wegfall der jährlichen Pflichtprüfung leidet  ++ und die BaFin noch keinen Plan hinsichtlich Kosten und Ablauf der eigenen oder externen Prüfungen hat. So schicken die Grünen zunächst die Bemerkung voran: "Von den IHKs und den Gewerbeämtern sowie den Wirtschaftsprüfungsunternehmen wird nach Kenntnis der Fragesteller jedoch eine Verbesserung der Aufsicht durch die Bündelung bei der BaFin bezweifelt" und fragen dann u. a.:  ++ "Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass durch die risiko-orientierte Prüfung anstatt der jährlichen Überprüfung die Qualität und Einhaltung der Rechtsnormen weiterhin auf einem hohen Niveau bleiben?"  ++ "Welche Kriterien nutzt die BaFin zukünftig bei der Entscheidung, wann sie Honorarberater oder Finanzvermittlerinnen selber prüft oder externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaften damit beauftragt?"  ++ "Wird die Bundesregierung für die BaFin mehr Personalstellen schaffen, um die aufgrund der sich durch das Gesetz veränderten Prüfungsintervalle und dem Mehr an eigenen Prüfungen gerecht zu werden?"

Diese Fragen haben durchaus eine inhaltliche Berechtigung und legen den Finger in die eitrige Anlegerschutz-Wunde des Gesetzentwurfs: Wie will die BaFin Finanzanlagenvermittler überhaupt prüfen, wenn die jetzige jährliche Pflichtprüfung wegfällt? Bedient sie sich dabei externer WP-Unternehmen und wie teuer werden solche 'Sonderprüfungen' für die betroffenen Unternehmen? Wir gehen auch aufgrund bisheriger Erfahrungen bei KWG-lizensierten Vermögensverwaltern davon aus, dass jeder 'Verdachtsfall' dem wirtschaftlichen Ende des Vermittlers gleichkommt, dem die BaFin WPs ins Haus schickt – unabhängig vom Prüfungsergebnis!

Derweil liegt inzwischen die Antwort der Bundesregierung auf eine aktuelle Kleine Anfrage des FDP-Finanzexperten Frank Schäffler u. a. und der FDP-Fraktion vor zur "Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht" (BT-Drs. 19/17375). In den Antworten ist der Bundesregierung bzw. der parlamentarischen Staatssekretärin im BMF Sarah Ryglewski vom 12.03.2020 – wie so oft – vieles "nicht bekannt", z. B. ++ wie viele Arbeitnehmer Finanzanlagenvermittler beschäftigen ++ wie viele gleichzeitig als Versicherungsvermittler/-makler tätig sind (schätzungsweise 80 %)  ++ Zudem liegen der Regierung "keine konkreten eigenen Informationen zu Schadensfällen und Schadensvolumina vor, die seit März 2018 durch Finanzanlagenvermittler verursacht wurden". Ist diese Datengrundlage nicht ein bisschen dürftig? Aus unserer Sicht ist dieser Gesetzes-Blindflug der Regierung der Beleg, dass es sich bei diesem Vorhaben um ein ideologisches Wahlkampfinstrument handelt und nicht um eine empirisch begründbare Maßnahme!

Aus Mangel an Argumenten versucht die Regierung jedoch nun offenbar im Trüben zu fischen und die 'P&R'-Pleite als Begründung heranzuziehen bzw. diese den Finanzanlagenvermittlern 'umzuhängen'. So schreibt StS Ryglewski in der Antwort der Regierung auf die aktuelle FDP-Anfrage: "Finanzanlagevermittler waren in nicht unerheblichem Umfang an der Vermittlung von einzelnen Vermögensanlagen beteiligt (z. B. P&R Gruppe), die erhebliche Vermögensschäden bei Privatanlegern verursacht haben."  Allerdings widerlegen die Tatsachen eine solche Schuldzuweisung: Die Pleite des Container-Direktinvestments-Anbieters 'P&R' ist nämlich kein Beleg für Defizite in der gewerberechtlichen Aufsicht. Für den Anbieter 'P&R' und dessen Vertrieb gab es langjährig aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen keine Erlaubnispflicht, so dass die gewerberechtliche Aufsicht hier gar nicht greifen konnte.

Eine entsprechende Erlaubnispflicht wurde erst 2015/2016 eingeführt (Kleinanlegerschutzgesetz/1. FiMaNoG), wobei P&R die Übergangsregelungen bis zum Ende des Jahres 2016 ausgeschöpft hatte. Hierzu kommt: Bereits seit vielen Jahre haben laut offiziellem P&R-Insolvenzgutachten der Kanzlei Jaffé BaFin-beaufsichtigte Banken bis zum Zusammenbruch des Anbieters P&R-Investments in großem Umfang vertrieben (langjährig 30 Banken, vgl. Insolvenzgutachten ab S. 46). Die BaFin hat vor diesem Hintergrund am 10.09.2018 an die betreffenden KWG-Institute und Banken ein "Auskunfts- und Vorlageersuchen zum Vertrieb von Direktinvestments der P&R Transport-Container GmbH" gerichtet, um den entsprechenden Produktauswahlprozess nachträglich zu hinterfragen, der offensichtlich von der BaFin nicht hinreichend kontrolliert werden konnte (vgl. 'k-mi' 37/2018, 38/18). Dies bedeutet, dass Banken und Institute auch unter BaFin-Aufsicht 'P&R'-Investments vertrieben haben, ohne dass die BaFin diesbezüglich ihren Aufsichtsfunktionen hinreichend nachkommen konnte. Der Vorgang belegt, dass eine BaFin-Aufsicht gegenüber der gewerberechtlichen Aufsicht keine automatische Gewähr für besseren Anlegerschutz bietet. Ebenso wenig ist 'P&R' damit ein Beleg für Aufsichtsdefizite in der Gewerbeaufsicht!

In der aktuellen Antwort beziffert das BMF die jährlichen Kosten pro Finanzanlagenvermittler, die durch die Beaufsichtigung durch die BaFin entstehen, auf "jährlich rund 985 Euro", allerdings unter der Annahme von "37.000 Erlaubnisträgern". 'k-mi' hat jedoch exklusiv aufgedeckt, dass der Gesetzentwurf zur Übertragung der Aufsicht auf die BaFin nur noch mit 19.000 zu beaufsichtigenden Finanzanlagenvermittlern rechnet  – also nur die Hälfte der aktuellen Zahl (vgl. 'k-mi' 11/20, 12/20)! Durch die Umlage-Arithmetik würden die Kosten dadurch schon auf ca. 2.000 € p. a. pro Kopf steigen! In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP bestreitet das BMF dies: "Die Aufsichtskosten und Gebühren basieren auf der Zahl von 37.000 zu beaufsichtigenden Unternehmen, d. h. auf der Anzahl der derzeitigen Erlaubnisinhaber. Ein schneller Rückgang der Zahl von Erlaubnisinhabern wird nicht unterstellt." 'k-mi' bleibt jedoch auch trotz der Ryglewski-Antwort bei der diesbezüglichen öffentlichen Darstellung des einkalkulierten ca. 50%igen 'Vermittlersterbens', da wir diese inoffizielle Information aus mehreren sehr verlässlichen Quellen unabhängig voneinander haben!

'k-mi'-Fazit: Die Grünen beabsichtigen offenbar, sich auch inhaltlich mit den Defiziten des BMF-Gesetzentwurfs zu befassen. Wohin das führt, ist noch offen. Aber selbst dies hat das SPD-geführte BMF nicht vor, da man den bei der Fachverbände-Konsultation in der Luft zerrissenen Referenten-Entwurf ohne inhaltliche Änderungen eiskalt in das Kabinett eingebracht hat. Daraus wird deutlich, dass SPD und 'Verbraucherschützern' der tatsächliche Anlegerschutz in dieser Frage egal ist. Es geht nur noch darum, von Ihrem Berufsstand als Finanzanlagenvermittler und Honorarberater ein ideologisches Zerrbild zu zeichnen, um eine möglichst hohe Zahl von Ihnen aus dem Markt zu drängen. Dies gilt es – erst recht in den Zeiten von Corona – zu verhindern.

Hier geht es zu unserer Info-Seite 'BaFin-Aufsicht'

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