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BaFin-Aufsicht für § 34f wird zum Konzentrations-Turbo!

Seit wenigen Tagen kursiert im politischen Berlin und darüber hinaus ein erster Referentenentwurf für ein Gesetz zur Übertragung der Aufsicht über Finanzanlagenvermittler auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter dem zungenbrecherischen Titel Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz (FinAnlVÜG). Genauso sperrig wie der Name ist auch der Inhalt dieses innerhalb der Groko-Regierung sowie deren Fraktionen noch nicht abgestimmten BMF-Entwurfs, der wohl als Testballon seinen Weg aus den Schubladen gefunden hat. 'k-mi' hatte die Hintergründe dieses Gesetzgebungsprojekts u. a. in Form eines Eckpunktepapiers bereits ausführlich durchleuchtet (vgl. 'k-mi' 30, 40/19).

Nun haben wir für Sie den 'k-mi' vorliegenden ersten Referentenentwurf analysiert: Der Referentenentwurf ist vor allem das perfekte Beispiel für ein Gesetz, das eine Lösung liefern will für ein Problem, das gar nicht existiert. Der Entwurf sieht nämlich laut Prolog das "Problem" in der föderalen bzw. dezentralen Struktur der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler: "Hieraus folgt eine organisatorische Zersplitterung der Aufsicht, die zu Lasten von deren Einheitlichkeit und Qualität gehen kann", so die offizielle Begründung für die tiefgreifende Umwälzung der Aufsichtsstruktur. Die Betonung liegt hier wohl auf "kann", d. h. der Gesetzentwurf adressiert gar keine konkreten Missstände oder Fehlentwicklungen! Zudem sei "aufgrund der zunehmenden Komplexität des anwendbaren Aufsichtsrechts (...) die Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenberater" auf die BaFin "als zentrale fachlich spezialisierte Behörde sachgerecht". Auch dies kann keinesfalls überzeugen, wurde doch ganz aktuell das komplexe Aufsichtsrecht auch für § 34f und § 34h GewO in der neugefassten FinVermV auf den neuesten europäischen Stand gebracht! Weitere Begründungen für die Aufsichtsübertragung liefert der Entwurf nicht! Trotzdem behaupten die Autoren aus dem BMF, dass es "keine Alternativen" gäbe: "Eine Beibehaltung der bisherigen Aufsichtsstruktur ist aufgrund der oben dargestellten Ausgangslage nicht sachgerecht."   

Wir wissen allerdings eine gute Alternative zu dem jetzt vorgelegten Entwurf zur Übertragung der § 34f-Aufsicht auf die BaFin: Einfach die  2013 eingeführte und mittlerweile bewährte jetzige Aufsicht beibehalten! Dass eine dezentrale bzw. föderale Aufsicht nicht sachgerecht ist, ist – mit Verlaub – ein Ammenmärchen bzw. vorgeschoben: Lebensmittelaufsicht, Versicherungsvermittleraufsicht sowie Rechtsanwalts- und sonstige Freiberufler-Kammern sind alle dezentral organisiert. Dass föderale Strukturen ineffizient sind, ist also grober Unfug, und Klagen über systematische oder sonstige Missstände und Reibungsverluste hat es im Bereich des § 34f auch nie in der Praxis gegeben! Da es somit keinen wirklichen Grund für den Aufsichtswechsel auf die BaFin gibt, wird immer klarer, dass dieses Projekt eine fixe Idee bzw. ein Fetisch von Verbraucherschützern und einer sektiererischen Splittergruppe von Linkspolitikern ist. Diese machen sich damit zu 'nützlichen Idioten' der Bankenlobby, die wiederum im Hintergrund das Popcorn herausholt und die Korken knallen lässt dank der politischen Schützenhilfe im permanenten Verdrängungswettbewerb!

Never change a working system! Diesen obersten Grundsatz von Technikern sollten auch Politiker beherzigen. Warum das so ist, erschließt sich, wenn man sich die Kosten-Aufschlüsselungen im  Referentenentwurf zu Gemüte führt: Die Übertragung der § 34f-Aufsicht auf die BaFin wird dort allein zu zu-sätzlichen (Personal-)Kosten von knapp 40 Mio. € pro Jahr führen! Dies ist sehr viel für ein Gesetz, für das man keine vernünftige Begründung hat. Diese jährlichen Aufsichtskosten von 38,8 Mio. € werden im Wege der Umlage natürlich von den Finanzanlagenvermittlern, die künftig Finanzanlagendienstleister heißen, zu tragen sein, wobei diese in vier Gruppen aufgeteilt werden. Die Bemessungsgrundlage für die Umlage unter diesen vier Gruppen richtet sich nach den jeweiligen Aufsichtskosten der BaFin.

Daher ist völlig offen, welche Kosten auf unabhängige 'Einzelkämpfer' (künftig Gruppe 1) bzw. Kleinbetriebe (mit mindestens einer bei der Beratung und Vermittlung direkt mitwirkenden Person, künftig Gruppe 2) zu-kommen. Die bisherigen Beschwichtiger, die nach Veröffentlichung des Eckpunktepapiers orakelten, dass alles nicht so schlimm kommen wird und die jährlichen BaFin-Kosten pro Lizenz bei unter 500 € liegen, dürften also – wie zu erwarten war – zu voreilig Entwarnung gerufen haben. Wir (und auch die Politik) rechnen mit mindestens 1.000 € an jährlichen Umlagekosten als Untergrenze! Und da die BaFin-Aufsichtsstrukturen nicht variabel mitskalieren, dürften die Kosten für Einzelkämpfer und Kleinbetriebe bald in einem sich selbst verstärkenden Effekt steil nach oben gehen, je mehr Kollegen die Flinte ins Korn werfen und die Erlaubnis zurückgeben!  

Besonders bedenklich sind u. E. die Regelungen im Referentenentwurf zum neuen 'Haftungsdach light', der sog. "Vertriebsgesellschaft" gemäß § 2 Abs. 53 bzw. § 96a Abs. 3 § WpHG-E, da sie u. E. wie ein weiterer Brandbeschleuniger für Marktkonzentration wirken werden. Bereits im Eckpunktepapier (vgl. 'k-mi' 30/19) wurde relativ nebulös ausgeführt, dass "in Anlehnung an die einschlägigen KWG-Vorschriften erstmalig die Möglichkeit der Vermittlung als vertraglich gebundener Vermittler geregelt werden soll". Vermittler, die ausschließlich für Rechnung und unter Haftung einer Vertriebsgesellschaft tätig werden, die ihrerseits über eine (erweiterte) Erlaubnis verfügt, bedürfen keiner eigenen Erlaubnis. "Auf diese Weise soll ein Level-Playing-Field mit Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§ 2 Abs. 10 KWG) verwirklicht werden", so das Eckpunktepapier. Mit der 'Vertriebsgesellschaft' wird nun laut dem aktuellen Entwurf ein 'Haftungsdach light' etabliert, mit dem man sich vom bisherigen Point of Sale-Prinzip verabschiedet, nachdem jeder/jede an der Beratungsfront eine Erlaubnis bzw. Sachkunde haben muss. Der Entwurf enthält aber für die sog. 'Vertriebsgesellschaften' weder spezielle Eigenkapital-Anforderungen noch eine besonders hohe VSH-Mindest-Deckungssumme! Diese beträgt für Vertriebsgesellschaften gemäß § 96c WpHG-E nur das Dreifache der Mindestversicherungssumme von Einzelkämpfern! Zwar gelten für 'Vertriebsgesellschaften' höhere Prüfpflichten, aber auch Einzelkämpfer müssen künftig gemäß § 96v WpHG-E jährlich zeitnah eine Selbsterklärung gegenüber der BaFin angeben. Nur die wenigsten werden u. E. dies ohne Hilfe bzw. kostenpflichtige Beratung leisten können.

'k-mi'-Fazit: Die Übertragung der Aufsicht für Finanzanlagenvermittler auf die BaFin wird dem Anlegerschutz in Deutschland massiv schaden. Dies belegt der aktuell 'geleakte' Vor-Referentenentwurf, den wir für Sie exklusiv ausgewertet haben: Die Gesetzesinitiative wird durch die Aufsichtskosten sowie durch die Einführung eines 'Haftungsdachs light' die Marktkonzentration massiv anfeuern und damit die produktanbieterunabhängige Beratung weiter schwächen. Mit Verbraucherschutz hat dies gar nichts zu tun, vielmehr kann man von einem vorweggenommenen Weihnachtsgeschenk für Strukturvertriebe und Plattformen sprechen. Absurd wird das Ganze dadurch, dass es weit und breit keinen einzigen vernünftigen Grund für die Aufsichtsverlagerung gibt. Wir sind gespannt, wie sich insbesondere nun die CDU/CSU-Finanzpolitiker positionieren werden, nachdem die Karten auf dem Tisch liegen. Bislang neigten diese offenbar dazu, dieses SPD-Projekt mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag 'durchzuwinken'. 'k-mi' stemmt sich, nachdem die für die Branche und den Verbraucherschutz katastrophalen Detailregelungen offenbar wurden, gegen die Änderung!

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