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Deutsche Lichtmiete implodiert in Lichtgeschwindigkeit

Am 09.12.2021 wurden die Ermittlungen der StA Oldenburg gegen Verantwortliche der Deutsche Licht-miete-Unternehmensgruppe bekannt (vgl. 'k-mi' 49/21). Bereits vor Weihnachten gab es dann weitere Gerüchte zu einem Vermögensarrest bzw. Kontensperrungen und Insolvenzen. Inzwischen ist der Worst-Case eingetreten: Neben der Anleihe-Emittentin Deutsche Lichtmiete AG haben die Deutsche Lichtmiete Produktionsgesellschaft mbH, die Deutsche Lichtmiete Vermietgesellschaft mbH und die drei Vermögensanlagen-Emittentinnen 1.–3. Deutsche Lichtmiete Direkt-Investitionsgesellschaft mbH Insolvenzantrag gestellt. Wie der Lichtmiete-Gründer Alexander Hahn laut der Nordwest Zeitung am 03.01.2022 in einer internen Firmen-Mail angab, habe die StA Oldenburg "sämtliche Konten aller Firmen" gesperrt. Aus Sicht der Ermittler muss die Beweis- bzw. Indizienlage also erdrückend sein. Festzuhalten bleibt aber zunächst, dass die Vorwürfe der StA noch nicht bewiesen sind und weiterhin die Unschuldsvermutung für die Betroffenen gilt.

Versuchen wir also zunächst, etwas Ordnung in das Zahlenwerk des LED-Spezialisten zu bringen:  ++ Zwischen 2013 und 2015 emittierte die Deutsche Lichtmiete Handelsgesellschaft mbH drei (unregulierte) Direktinvestments: Von 950 Anlegern wurde eine Zeichnungssumme von insgesamt 28,36 Mio. € eingeworben. Laut letzter Auskunft der Deutschen Lichtmiete gegenüber 'k-mi' wurde zum Ende des Quartals 2019 ein Direktinvestment bereits mit 125,39 % plangemäß abgewickelt. Bei den anderen beiden lagen die Rückzahlungsstände zu diesem Stichtag bei 114,04 % sowie 86,79 %. Hier ist also nicht mehr viel Geld im Feuer, wenn man – sollte auch die 'Handelsgesellschaft' in Insolvenz gehen – von späteren eventuellen Rückforderungsansprüchen gegenüber Investoren zunächst einmal absieht. Bezüglich der Betrugsvorwürfe ist hier festzuhalten, dass die Bedingungen der später begebenen Lichtmiete-Anleihen explizit gestatten, den Emissionserlös zum "Erwerb von LED-Industrieprodukten (inkl. Zubehör) der Deutsche Lichtmiete Unternehmensgruppe als Gebrauchtware zu verwenden"   ++ Zwischen 2016 und 2018 wurde zudem ein Zeichnungsvolumen von ca. 70,84 Mio. € mit prospektpflichtigen Direktinvestments eingeworben (ca. 3.150 Investoren). Für diese Angebote gibt es zur Abgrenzung separate Investitionsgesellschaften, an denen die Anleger zwar nicht beteiligt sind, in denen aber u. a. die LED-Leuchten im Sachanlagevermögen bilanziert sind. Hier liegt der Rückzahlungsstand bei bis zu 50 %. Gemäß Konzept muss hier der Rückkauf aus laufenden Mieterträgen erfolgen, d. h. ein Rückkauf durch Anleihemittel wäre nicht statthaft. Allerdings sind die Emittentinnen nun in Insolvenz, so dass sich über kurz oder lang die Frage nach einer wirksamen Eigentumsübertragung der LED-Leuchten an die Investoren – und damit die Frage der Insolvenzanfechtung stellen dürfte.

Inklusive des Anleihekapitals von über 100 Mio. € stehen also aktuell zusammen mit den Direktinvestments ca. 200 Mio. € bei der Deutschen Lichtmiete im Feuer. Aus einigen Gründen bahnt sich hier – ähnlich wie bei Wirecard – auch ein Bilanzkrimi an, bei der auch die Rolle des Lichtmiete-Jahresabschussprüfers FTSP FRISIA-TREUHAND Schmädeke in den Blick geraten dürfte. Denn nicht nur Anleger, sondern auch Vermittler haben sich auf dessen unabhängige Testate verlassen.

Folgende Bilanz-Themen dürften daher in Kürze im Brennpunkt stehen:  ++ Wie 'k-mi' schon in der Ausgabe 49/21 schilderte, gibt es in den 2020er Jahresabschlüssen der Vermögensanlagen einige Auffälligkeiten: Nämlich die teilweise "kurzfristige Gewährung von nicht besicherten Darlehen innerhalb der Unternehmensgruppe" mitsamt nicht besicherten Forderungen der Emittentengesellschaften im unteren zweistelligen Millionenbereich gegenüber verbundenen Unternehmen. Darüber hinaus wurden und werden Gewinnabführungsverträge mit der Deutsche Lichtmiete Handelsgesellschaft mbH abgeschlossen. Solche Kapital-Karusselle – ähnlich wie bei P&R und German Pellets – hatten wir schon Anfang 2017 befürchtet. "Es wird kein Fremdkapital aufgenommen und es ist nicht geplant, dass der Emittent Darlehen ausgibt", bestätigte uns Alexander Hahn am 10.01.2017 auf unsere dahingehende Anfrage. Warum die Lichtmiete offenkundig hiervon zuletzt abgewichen ist, wird zu klären sein  ++ Anfang 2021 forderten wir die Lichtmiete schriftlich auf, Belege vorzulegen, dass keine Mietunterdeckungen vorliegen, die wir trotz Ankündigung aber nie erhalten haben. Aufgrund der Umsatzkennzahlen sei auch keine Konzernbilanz vorzulegen, bei der Binnenumsätze eliminiert werden  ++ Auch die Ankündigung vom Dt. Lichtmiete-Invest-GF Roman Teufl am 27.01.2021 auf 'k-mi'-Nachfrage, dass die Lichtmiete-Zahlen für das Geschäftsjahr 2020 "bis Mitte Februar ebenfalls mit einer Pressemitteilung kommuniziert" werden, blieb folgenlos. Erst im September 2021 wurde der Abschluss der AG vorgelegt, allerdings nur als 'kleine Kapitalgesellschaft' ohne ausgewiesene GuV  ++ Aus der Kapitalflussrechnung der 'Handelsgesellschaft' für 2019, die am 26.01.2021 vorgelegt wurde und mit der wir die Lichtmiete Anfang 2021 konfrontierten, ergibt sich nämlich für 2019 eine Liquiditätslücke von über 15 Mio. aus dem operativen Geschäft, die größtenteils durch "kurzfristige Darlehen von verbundenen Unternehmen" überbrückt wurde. Weitere Fragen, insbesondere zu den Konditionen, werfen in diesem Geschäftsjahr die erstmalige Veräußerung von "LED-Leuchten aus dem Anlagenbestand der Deutsche Lichtmiete Handelsgesellschaft mbH an ein Unternehmen der Unternehmensgruppe" auf. 

++ Der Grund für diese mangelnde Transparenz könnte u. a. in den Verschmelzungsgutachten zu suchen sein, die ab 2018 intern von der WP-Gesellschaft Consat erstellt wurden, als schon keine Direktinvestments, sondern Anleihen emittiert wurden. Aus diesen geht u. a. hervor, dass die Mieterträge – quasi als 'Schneeballsystem Light' – teilweise durch Verkaufserlöse quersubventioniert werden. Dort heißt es nämlich: "Die Deutsche Lichtmiete Vermietgesellschaft mbH erhält für ihre Leistungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Mietverträgen eine Geschäftsbesorgungsvergütung von etwa 40 % der Kundenerlöse im Zusammenhang mit LED-Leuchten." Diese implizite Abhängigkeit vom Neugeschäft sollte bis 2026 planmäßig fortgeführt werden. 'Passend' dazu verzichtete die Lichtmiete darauf, für 'ihre' Vermietgesellschaft eine GuV zu veröffentlichen, aus der mögliche Unterdeckungen und/oder Quersubventionierungen ersichtlich wären. Sollte es aber signifikante bzw. längerfristige Unterdeckungen – oder gar Phantommietverträge  –  im System 'Lichtmiete' geben, steht dies im krassen Missverhältnis zu den Jahresabschlüssen der Vermögensanlagen-Emittentinnen, denen sprudelnde "Mietumsätze" bescheinigt wurden, ebenfalls ausreichend, um Rücklagen für den Rückkauf zu bilden. Hier rückt nun die Rolle von FTSP FRISIA-TREUHAND Schmädeke und deren Bestätigungsvermerke für die Jahresabschlüsse in den Blick: Nach unserem Verständnis wären zwingend Drohverlustrückstellungen zu bilden oder außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, wenn in den Untermietverhältnissen Deckungslücken wären. Dies müsste eine Bilanzberührung und damit eine Sichtbarkeit von möglichen Schieflagen erzeugen, da Mietverhältnisse normalerweise nicht bilanziert werden. Nach unserer Kenntnis der entsprechenden Jahresabschlüsse hat es aber solche Bilanz-Warnzeichen nie gegeben, insbesondere nicht im Vertriebszeitraum der Direktinvestments. "Der Vertrieb konnte von alledem nichts wissen, sondern hat auf die Belastbarkeit der Angaben des Wirtschaftsprüfers vertrauen dürfen", bestätigt auch RA Daniel Blazek aus der Kanzlei BEMK/Bielefeld gegenüber 'k-mi'.

'k-mi'-Fazit: Angesichts der einschränkungsfreien 'Testate' war dieser potenzielle Skandal bzw. mögliche Betrug für Vermittler nicht erkennbar. Hier richten sich die Fragen zunächst an die testierenden WP-Gesellschaften. Für mögliche Haftungsansprüche gegen diese sowie den Vertrieb wird aber auch maßgeblich sein, ab wann die StA den Zeitpunkt (rückwirkend) ansetzt, ab dem die jetzt beschuldigten Lichtmiete-Verantwortlichen erkannt haben sollen, dass das Geschäftsmodell nicht tragfähig sei und angeblich trotzdem weiter Geld mittels Anleihen eingesammelt haben. Dieser Zeitpunkt ist momentan noch völlig offen.  

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