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Vermögensanlagen droht rigoroses Verbot von Blind-Pools

Noch vor Weihnachten hat das Bundesfinanzministerium/BMF einen Referentenentwurf für ein "Gesetz zur weiteren Stärkung des Anlegerschutzes“ vorgelegt. Der Entwurf sieht vor allem drei Maßnahmen vor, die insbesondere Vermögensanlagen nach Vermögensanlagengesetz/VermAnlG betreffen:  ++ Vermögensanlagen in Form von Blind-Pools sollen gegenüber Privatanlegern künftig nicht mehr zulässig sein  ++ Die Bestellung eines externen Mittelverwendungskontrolleurs wird obligatorisch  ++ Der Eigenvertrieb durch Emittenten wird reglementiert. Der Entwurf geht zurück auf ein Maßnahmenpaket zur weiteren Regulierung von Vermögensanlagen, das das BMF und das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz/BMJV bereits im August 2019 als 'Antwort' auf die P&R-Pleite vorgestellt hatten (vgl. 'k-mi' 33/19).

'k-mi' befürwortet es grundsätzlich, dass im Bereich der Vermögensanlagen nachgeschärft wird, wir befassen uns aber wie folgt kritisch-konstruktiv mit dem Entwurf: Zuletzt kamen immer noch vereinzelt Vermögensanlagen durch bzw. trotz Billigung der BaFin auf den Markt, die diesen, der überwiegend durch seriöse und erfolgreiche Emittenten bestimmt wird, in ein schlechtes Licht rücken. Denn 'k-mi' hatte im Mai 2020 eine ausführliche Studie zu Vermögensanlagen vorgestellt, die dokumentiert hat, dass Vermögensanlagen insgesamt deutlich besser als ihr Ruf sind (vgl. 'k-mi' 22/20). Auch eine Untersuchung der BaFin selbst kam aktuell zu dem Ergebnis, dass Investoren mit Vermögensanlagen und deren Vermittlern überwiegend zufrieden sind ('k-mi' 47/20). Hinzu kommt, dass aktuelle Ver­mö-gensanlagen-Emissionen bereits jetzt schon immer öfter mit unabhängiger Mittlerverwendungskontrolle konzipiert werden (Buss, ONE Group, Solvium). Relevante Branchenteilnehmer nehmen also die geplante Regulierung im Bereich Mittlerverwendungskontrolle bereits selbstverpflichtend vorweg.

Was also plant die Regierung bei der externen bzw. unabhängigen Mittelverwendungskontrolle genau? Der Referentenentwurf führt dazu aus: "Der Mittelverwendungskontrolleur ist verpflichtet, ein Mittelverwendungskonto zu führen, auf das die eingeworbenen Anlegergelder eingezahlt werden. Diese sind erst dann freizugeben, sofern die im Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle festgelegten Kriterien erfüllt sind. Die Kriterien der Mittelfreigabe sind einzelfallabhängig durch die Vertragsparteien festzulegen. Die anschließende Kontrolle, ob der Emittent die Anlegergelder entsprechend dem im Vertrag über die Mittelverwendungskontrolle definierten Umfang, etwa zum Erwerb einer bestimmten Baumplantage oder von bestimmten Containern, verwendet, ist spätestens sechs Monate nach Beginn des öffentlichen Angebots und fortlaufend mindestens alle sechs Monate bis zur ordnungsgemäßen Verwendung aller Anlegergelder durchzuführen. Der Mittelverwendungskontrolleur prüft hierbei, ob der Emittent die Anlegergelder zweckgebunden und planmäßig investiert. Er beendet seine Prüfung mit einem abschließenden Bericht nebst Bestätigungsvermerk oder einem Vermerk über die Versagung der Bestätigung, ob die Mittelverwendung ordnungsgemäß erfolgte oder nicht. Falls sich das Ergebnis der Mittelverwendungskontrolle auf die Nachtrags- bzw. Veröffentlichungspflichten nach §§ 11, 11a VermAnlG auswirkt, hat der Anbieter bzw. Emittent einen Nachtrag bzw. eine sog. Ad-hoc-Mitteilung zu veröffentlichen.“

Es handelt sich also um eine relativ weitreichende Prüfung, deren Ergebnisse im Bundesanzeiger abrufbar sein sollen. Betroffen hiervon sind Direktinvestments bzw. Vermögensanlagen nach § 1 Abs. 2 Nr. 7 VermAnlG sowie zudem partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen, Genussrechte, Namensschuldverschreibungen nach Nr. 3–7, sofern letztere mehrstöckig investieren: D. h. also, wenn der "Emittent die Sachgüter oder Rechte an einem Sachgut nicht unmittelbar selbst erwirbt oder das Sachgut nicht unmittelbar pachtet, sondern die Anlegergelder an andere Gesellschaften weitergibt, die dann erst die konkreten Sachgüter oder Rechte daran erwerben bzw. diese pachten. Da im Prospekt bzw. Nachtrag nur der Jahresabschluss des Emittenten aufzunehmen ist, ist der (tatsächliche) Erwerb der Anlageobjekte durch andere Gesellschaften hierin nicht erfasst. Auch in diesen Fällen soll daher ein Mittelverwendungskontrolleur eingesetzt werden, der den Geldfluss nicht nur auf erster Ebene (Weitergabe der Anlegergelder per z. B. Nachrangdarlehen an eine andere Gesellschaft), sondern auch auf zweiter Ebene kontrolliert (Überprüfung, welche Anlageobjekte bzw. Sachgüter oder Rechte daran diese Gesellschaft erwirbt bzw. welche Sachgüter sie pachtet).“ Nicht erfasst sind Vermögensanlagen der Nr. 1 und 2, "da diese Modelle grundsätzlich aufgrund der besonderen Stellung des Anlegers als – ggf. über einen Treuhänder beteiligter – Gesellschafter kein vergleichbares Transparenzdefizit aufweisen". Auch sollen "förderungswürdige umweltschonende Anlagen, wie beispielsweise Windparks nicht unangemessen belastet werden“, da diese überwiegend in Form von Unternehmens- bzw. Treuhandbeteiligungen angeboten werden.

Die geplante gesetzliche Pflicht zur externen Mittelverwendungskontrolle ist demnach mehr oder weniger eine 'Lex P&R'. Dabei muss man aber auch darauf verweisen, dass P&R kein Indikator für die Effizienz der bisherigen Regulierung von Vermögensanlagen ist: P&R war ca. 40 Jahre am Markt tätig, davon nur das letzte Jahr – 2017/2018 – mit Vermögensanlagen nach VermAnlG. Unglücklicherweise hat die BaFin trotz z. B. unserer frühen 'k-mi'-Warnungen vor massiven Plausibilitätsdefiziten im Jahr 2017/2018 noch fünf An­ge-bote von P&R gebilligt. Wir hatten in dieser Phase u. a. die BaFin per Eingabe darauf hingewiesen, dass es bei der P&R-Gruppe ein munteres Geldkarussell gab bzw. dass "die Liquidität der P&R-Emittentin von über 320 Mio. € auf einem Dritt-Konto verwaltet wird, über das die Emittentin im Zweifel keine Vollmacht verfügt, und nicht auf dem Konto der Emittentin bei der UniCredit Bank. Auch ohne gesetzlich vorgeschriebene externe Mittelverwendungskontrolle hätten die P&R-Angebote somit eigentlich nicht auf den Markt kommen dürfen, da sie u. E. schlicht und ergreifend nicht gestattungsfähig seitens der BaFin waren!

Insbesondere war P&R aber kein Blind-Pool-Problem. Um so schwerwiegender ist der Eingriff, den die Bundesregierung aktuell mit einem kompletten Verbot von Blind-Pools bei Vermögensanlagen plant: "Verboten sind künftig nicht nur reine Blind-Pools, bei denen weder ein konkretes Anlageobjekt festgelegt ist, noch eine Branche, in die investiert werden soll. Verboten werden vor allem auch die in der Praxis relevanteren sog. Semi-Blind-Pool-Konstruktionen. Diese kennzeichnen sich dadurch, dass zwar die Branche, in die investiert werden soll, feststeht, nicht aber das konkrete Anlageobjekt“, heißt es dazu im aktuellen Referentenentwurf des BMF. Dieses Generalverbot schießt allerdings zu weit übers Ziel hinaus, zumal auch die Definition eines Blind-Pools im Entwurf sehr unausgegoren ist: In der Praxis würde dies bedeuten, dass Vermögensanlagen wohl überwiegend nur noch als Single-Asset-Strategien möglich sind bzw. mit geringer Diversifikation. Ob dies im Sinne des Anlegerschutzes ein Fortschritt ist, wagen wir zu bezweifeln!

Im Referentenentwurf heißt es dazu lediglich lapidar: "Steht noch nicht fest, welche konkreten Anlageobjekte finanziert werden sollen, dürfen über öffentlich angebotene Vermögensanlagen von Privatanlegern keine Gelder mehr eingesammelt werden. Um mit im einzelnen noch nicht feststehenden, unter Umständen breit gestreuten Anlageobjekten Erträge zu erzielen, stehen Fonds zur Verfügung.“ Hier hat der Gesetzgeber bzw. das BMF u. a. allerdings nicht beachtet, dass weiterhin viele Investitionen z. B. in Erneuerbare Energien mit Vermögensanlagen und nicht mit AIF erfolgen, die mit einem derart rigorosen Blind-Pool-Verbot zur Disposition stehen! Ebenfalls nicht besonders durchdacht erscheint uns das dadurch weiter auseinanderklaffende Regulierungsgefälle zu Crowdinvestments: Letztere mit teils riskanten Immobilien-Projektfinanzierungen im Klumpenrisiko wären auch ohne Prospektflicht weiterhin möglich, während breit diversifizierte Vermögensanlagen mit Prospekt verboten würden!

'k-mi'-Fazit: Der Fall P&R hat gezeigt, dass es noch Handlungsbedarf gibt, nicht zuletzt bei der Billi-gungspraxis der BaFin. Allerdings sollte sich eine 'smarte' Regulierung daran orientieren, welche Probleme in der Praxis wirklich auftreten. Hier sind u. a. Angebote bzw. Altfälle von UDI, Leonidas und Autark zu nennen, die teils gar keine oder wachsweiche Investitionskriterien haben. Anstatt eines kompletten Blind-Pool-Verbotes sollte der Gesetzgeber klare Investitionskriterien verpflichtend vorschreiben, um solche – mittlerweile vom Volumen nicht mehr bedeutenden –'Bauchläden' aus dem Markt zu nehmen, die mehr oder weniger willkürlich investieren. Zusammen mit einer externen Mittelverwendungskontrolle und einer entsprechenden Verwaltungspraxis der BaFin ist dem Anlegerschutz damit mehr gedient als mit einem pauschalen Blind-Pool-Verbot, durch das man mit Kanonen auf Spatzen schießt. Wichtig ist zudem, die Befugnisse und den Fokus der BaFin nicht nur auf die Emissions-, sondern auch mehr auf die Bewirtschaftungsphase zu legen, um vor sich hindümpelnde Angebote in Schieflage – wie z. B. UDI, Leonidas und Autark – seitens der BaFin in eine kompetente Drittverwaltung zu geben.

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