Das Landgericht München hat sich in einem Schadensersatz-Rechtsstreit zwischen einem klagenden P&R-Container-Käufer gegen dessen Vertrieb dezidiert mit der Frage zu Plausibilitätsdefiziten beschäftigt. Streitgegenständlich sind im hier entschiedenen Fall abgeschlossene Verträge eines Investors im Zeitraum zwischen 2013 bis 2017 im Gesamtvolumen von 300.000 € bei diversen Gesellschaften der inzwischen insolventen P&R-Gruppe (vgl. zuletzt 'k-mi' 31/19). Das LG München hat mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 03.01.2020 (AZ.: 22 O 4020/19) den durch die Rechtsanwälte Heberlein, Mack-Pfeiffer & Kollegen/München vertretenen P&R-Vermittler nicht zum Schadensersatz verurteilt. So folgte das Gericht nicht der Argumentation der Klägerseite, dass den Kaufverträgen ein Anlageberatungsvertrag zwischen den Streitparteien zugrunde liegt. Das Gericht bemängelt insofern einen nicht substantiierten Klägervortrag und die vagen Ausführungen zu umfangreichen, undatierten und nicht konkretisierten Beratungsgesprächen, was für das Zustandekommen eines Anlageberatungsvertrages nicht ausreichend sei. Auch mangele es hier an einem Sachvortrag, dass es dem Investor um eine auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zugeschnittene fachkundige Bewertung und Beurteilung der P&R-Kauf- und Verwaltungsverträge gegangen sei. Schadensersatzansprüche aus einem Auskunftsvertrag scheiden laut Gericht ebenfalls aus. Unabhängig von der Frage, ob ein solcher Auskunftsvertrag hier zugrunde liegt, fehle es bereits an einer schlüssig vorgetragenen Pflichtverletzung des Beklagten in Bezug auf aufklärungsbedürftige Plausibilitätsdefizite bei den getätigten Container-Investments:
Die Klägerseite hat demnach nicht ausreichend vortragen können, dass die Bonität der P&R bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der einzelnen Verträge zweifelhaft war. Aus einem seit 2007 eingeschränkten Testat des Wirtschaftsprüfers wegen nicht vollständiger Angaben in den P&R-Jahresabschlüssen zu den finanziellen Verpflichtungen zieht das Landgericht nicht zwingend den Schluss, dass die Plausibilität einer Kapitalanlage nicht gegeben sei oder nicht beurteilt werden könne. Statt dessen "war für die Prüfung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit der Anlage und der Plausibilität entscheidend, ob die Gesamteinnahmen der P&R aus sämtlichen Einnahmequellen für die Auszahlungen an die Anleger ausreichten. Dass dies nicht der Fall war, hat die Klagepartei nicht in substantiierter Weise dargelegt", heißt es in den Urteilsgründen. Auch allgemeinen Angaben zur Schifffahrtskrise 2008, überhöhten Mieten und Rückkaufpreisen bei P&R schenkt das Gericht keine Beachtung, so lange alles vage vorgetragen wird: "Die Klagepartei hat insofern nur pauschal behauptet, dass die von P&R versprochenen Mieten zum Teil mehr als doppelt so hoch gewesen seien wie die durchschnittlichen Marktmieten und dass die von P&R avisierten Rückkaufpreise beinahe 70 % über dem streitgegenständlichen Marktwert lagen." Erwartet hätte das Gericht an dieser Stelle konkrete Daten und Zahlen.
Die Klägerseite berief sich schließlich als Beleg für die fehlende Transparenz und Plausibilität der Anlage auf die Ausführungen des Brancheninformationsdienstes 'kapital-markt intern' in den Jahren 1996 und 2001. Hieraus leitet das Gericht jedoch keine beachtliche Aufklärungspflichtverletzung des Beklagten ab, denn "zwischen den Ausführungen von 'kapital-markt intern' in den Jahren 1996 und 2001 und den streitgegenständlichen Kauf- und Verwaltungsverträgen aus den Jahren 2013-2017 besteht kein inhaltlicher oder zeitlicher Zusammenhang. Auch musste die Beklagte bei Abschluss der streitgegenständlichen Kauf- und Verwaltungsverträge die zu diesem Zeitpunkt bereits über zehn Jahre alten Artikel nicht kennen." Für nachvollziehbar halten wir die juristische Argumentation, dass man (Print-)Berichterstattungen, die mehr als zehn Jahre zurückliegen, nicht mehr zwingend als Vermittler oder Berater parat haben müsse, um diese bei der eigenen Plausibilitätsprüfung zu berücksichtigen. Vermutlich mangels Kenntnis darüber unerwähnt ließ die Klägerseite, dass 'k-mi' auch noch im PC 19/04 zu einem Schroeder-Containerangebot auf die dürftigen P&R-Risikohinweise mit Verweis auf unsere frühere Berichterstattung einging und mit ausführlichem PC 08/17 zum P&R-Angebot Nr. 5001 ("'k-mi'-Fazit: Unternehmerisches Engagement mit Totalverlustrisiko, wobei ohne aussagefähigen und geprüften Finanzplan für die Schweizer Gesellschaft, die bereits Verpflichtungen aus laufenden Verträgen in Höhe von knapp 1 Mrd. eingegangen ist, nicht ersichtlich ist, ob diese in der Lage ist, ihre Leistungen gemäß Rahmenvertrag zu erfüllen, so dass wir zur äußersten Vorsicht raten!") dezidiert die Produktschwachstellen dieses Anbieters in der jüngeren Zeit ans Tageslicht brachte, was auch zeitlich vor dem P&R-Containerkauf des Klägers im Jahr 2017 erfolgte. Insofern wäre möglicherweise ein genauerer Prozessvortrag für den Anleger bezogen auf den wohl nicht erfolgten Hinweis auf unsere aktualisierte 'k-mi'-Berichterstattung zu P&R erfolgreich gewesen.
'k-mi'-Fazit: Das Urteil des Landgerichts München unterstreicht, dass es für einen Geschädigten bei seiner Schadensbegründung wie auch bei der Verteidigungsstrategie für einen Anlageberater immer sehr explizit auf den jeweiligen Einzelfall ankommt. Je genauer und detaillierter ein Berater über seinen Produktanbieter und dessen Angebote zum Zeitpunkt der Anlageberatung informiert ist, desto profunder kann eine solche auch möglichst rechtssicher gegenüber dem Kunden erfolgen. Damit korrespondierend reduziert sich für einen Vermittler in der Regel auch die spätere Regressgefahr. Als 'k-mi'-Leser verfügen Sie über einen in der Kapitalanlagebranche unschätzbaren Fundus an wöchentlichen Informationen und Archivdaten, die Sie vor Unkenntnis schützen. Dass Berater allerdings zehn Jahre zurückliegende Berichterstattungen per se nicht mehr kennen müssen, darauf sollte man sich besser nicht rechtssicher verlassen. Schließlich ändern sich die medialen Zeiten, denn über das Internet sind bereits heute unzählige auch ältere Texte zeitlich unbegrenzt und sofort abrufbar, was zu einer zum Zeichnungszeitpunkt einer Anlage hohen Hinweisrelevanz bei der Kundenberatung führen kann. Besonders dann, wenn sich an den grundsätzlichen Risiken in Bezug auf ein Produkt oder einen Anbieter – so wie es bei P&R durchgehend der Fall ist – nichts Wesentliches über Jahre hinweg ändert. Der beste Schutz für Vermittler und Anleger ist es jedoch, immer auch die Warnungen von 'k-mi' vor einem Abschluss zu beherzigen.
Das Urteil des LG München finden Sie hier als Service-PDF.