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Externe Schadenprüfer sind eine katastrophale Branchen-Fehlentwicklung

Noch während die ‚vt‘-Umfrage Sind externe Schadenprüfer Spaltpilze zwischen Versicherer, Kunden und Vermittler? (vgl. ‚vt‘ 41/22) läuft, landen weitere Fälle auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch, die den Eindruck verdichten, dass die Versicherer, die mit blindem Vertrauen mit externen Schadenprüfern arbeiten, ihren Versicherten ein faules Ei ins Nest gelegt haben.

Im Fokus unserer Fälle stehen nicht öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige, sondern externe Schadenprüfer, die automatisiert mit Hilfe von PC und Software am Schreibtisch die Schadenpositionen abhaken, reduzieren oder streichen. Besonders pikant, wenn ein Dienstleister den Nutzen der Versicherer mit einer Einsparung von 700 € pro Schaden bewirbt. Wie rotzfrech zum Schaden des Versicherten ein solches externes ‚Prüfbüro‘ arbeitet, erlebte kürzlich ein niedersächsischer Versicherungsmakler:

Durch einen Sturm wurde der Zaun eines Mandanten beschädigt. Der demontierte und entsorgte die beschädigten Zaunteile und führte die Reparatur in Eigenleistung durch. Schadennachweise wurden korrekt erbracht und eine detaillierte Aufstellung über die Instandsetzungsarbeiten unter Beifügung der Rechnung eines Baumarktes dem Versicherer geliefert. Groß war dann die Überraschung, als der Versicherer eine drastisch reduzierte Schadenregulierung vornahm.

Eine als externer Schadenprüfer tätige Firma habe die „Berechnung im Rahmen der Qualitätssicherung inhaltlich bewertet“, wird dem VN mitgeteilt. Versichert seien die schadenbedingt notwendigen Aufwendungen. Man zahle den vom externen Schadenprüfer ermittelten Betrag. Doch der fällt mit knapp 600 € über 1.000 € niedriger aus als schadenbedingte Kosten vom VN geltend gemacht wurden. Das aber liegt nicht an übertriebenen Kosten oder weil Sanierungsanteile eingepreist wurden.

Die Kürzung des externen Schadenprüfers um rund 63 % beruht auf hanebüchenen Argumenten, die dermaßen unsachlich sind, dass wir das seitens des willfährig übernehmenden Versicherers als Verstoß gegen § 1a VVG sehen:

++ Für seine Arbeitsstunden berechnet sich der Heimwerker 15 € die Stunde. Doch die angesetzten 25 Stunden für Demontage, Entsorgung, Materialkauf und Reparatur sind dem externen Schadenprüfer zu viel. Dafür benötige ein Fachhandwerker sechs Stunden weniger, daher werden nur 19 Stunden zu 15 € bewilligt.

Völlig außer Acht lässt der vermeintlich neutrale Prüfer, dass ein Fachbetrieb ­einen anderen Stundenlohn hat und womöglich noch Maschinenstunden für die schnellere Reparatur berechnen würde, alles zuzüglich Umsatzsteuer. Faktisch erspart der VN dem Versicherer erhebliche Regulierungskosten.  

++ Munter streicht der Dienstleister des Versicherers auch beim durch Baumarktrechnung belegten Pfostenkauf. Ja soll denn der Lamellenzaun in der Luft festgeschraubt werden?

Der Versicherungsmakler beschwert sich für seinen Mandanten beim Versicherer, die Unterlagen landen auf dem ‚vt‘-Redaktionstisch. Es ist mehr als erstaunlich, dass die Prüfsoftware, die doch seriös und neutral sein soll, erkennt, dass ein Fachhandwerker schneller arbeitet als ein Hobbyhandwerker, aber zugleich völlig ignoriert, dass der Fachhandwerker einen mehrfach so hohen Stundenlohn erhält, als sich der Hobbyhandwerker berechnet.

Offenbar erkennt auch der Versicherer nach interner Prüfung der Sachlage den Unfug, den der externe Schadenprüfer „im Rahmen der Qualitätssicherung“ berechnet hat. Dem Mandanten des Versicherungsmaklers wird der Schaden erstattet.

Auch aus diesem Fall lassen sich zwei Lehren ziehen: ++ Prüfaufwände zu reduzieren und dubiose Schadenmeldungen oder Schadenpositionen zu erkennen, ist sinnvoll und wichtig. Die Arbeit einiger externer Schadenprüfer ist aber manchmal so schlecht oder geht vorsätzlich zu Lasten der Verbraucher, dass Versicherer nicht mehr auf die Korrektheit der Prüfberichte der externen Dienstleister vertrauen dürfen.

++ Die Tätigkeit qualifizierter Versicherungsmakler ist wichtig für Verbraucher. Es darf bezweifelt werden, dass ein Versicherungsvertreter sich so engagiert für den VN und gegen die Regulierung des Versicherers eingesetzt hätte. Versicherungsmakler sind praktizierter Verbraucherschutz!

‚vt‘-Fazit: Das unverschämte und durch nichts zu begründende Zusammenstreichen von Schadenpositionen hat nichts mit Digitalisierung, KI oder sinnvoller Automatisierung des Sachschadenmanagements zu tun. Wer vorsätzlich Schadenpositionen kleinrechnet, wer Versicherern einen vorsätzlich oder mindestens grob fahrlässig um anspruchsfähige Kosten reduzierten Prüfbericht liefert, der handelt nach unserer Auffassung mit krimineller Energie.

Denn am Ende des Tages wird der Versicherungsnehmer um die ihm zustehende Schadenregulierung betrogen. Sehen sich externe Schadenprüferbüros unter dem Druck, Einsparungen präsentieren zu müssen, um Folgeaufträge zu generieren? Verstecken sich einige Versicherer nur allzu gerne hinter dem angeblich neutralen Ergebnis?

Egal wie, Leidtragende sind die Kunden, wenn den unberechtigten Kürzungen nicht engagiert und mit Fachwissen entgegengetreten wird. Daher könnte und sollte das Thema dubiose Vorkommnisse bei externen Schadenprüfern ein Thema für die BaFin sein. Wir haben zudem einen extremen weiteren Fall in der Pipeline, mehr dazu in einer der kommenden ‚vt‘-Ausgaben.

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