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„Repräsentative Studie: 63 % der Deutschen wollen ein Provisionsverbot“

Mit dieser brisanten und aufmerksamkeitsstarken Schlagzeile der Honorarberatungsbank Quirin Privatbank AG haben sich diverse Medien leider in die Irre führen lassen. Repräsentativ mag die Umfrage, die die puls Marktforschung GmbH im Auftrag von Quirin durchgeführt hat, sein. Das Ergebnis ist aber ein anderes, als es die Honorarberatungsbank um den Vorstandsvorsitzenden Karl Matthäus Schmidt verbreitet. Ebenso wie die ‚vt‘-Redaktion hat sich die ‚Börsen-Zeitung‘ die Studie genauer angeschaut und kommt zu dem Ergebnis: „Bankkunden fühlen sich gut beraten, hegen aber Skepsis.“

Die ‚Börsen-Zeitung‘ entlarvt die Absicht des Provisionsverbots-Forderers Schmidt (vgl. zuletzt ‚vt‘ 19/22: „Quirin: Provisionsverbots-Forderer und selbsternannte Vorbildbank im BaFin-Visier“) unmissverständlich: „Die Quirin Privatbank will mit einer Umfrage den Ruf nach einem Verbot von Vertriebsprovisionen untermauern. Doch die Befragung zeigt ein gemischtes Bild, und die Haltung zur Provisionsberatung bleibt unklar.“

Unsere Analyse: Laut Quirin soll die Studie erbracht haben, dass „63 % die Abschaffung der Provisionsberatung gut fänden“. Das gibt die Studie aber nicht her. Befragt zur Meinung über das in der Politik diskutierte Provisionsverbot stimmen 13 % der Antwortvorgabe zu, „Finde ich gut, statt der Provisionsberatung sollte es eine Honorarberatung geben“. Eine weitere Antwortmöglichkeit, der 50 % der Teilnehmer zustimmten, war: „Finde ich gut, die EU/der Staat sollte für mehr Transparenz sorgen.“

In keiner dieser beiden Antwortvorgaben taucht das Wort Provisionsverbot auf, und wenn Bürger es gut finden, dass der Staat für mehr Transparenz sorgt, ist das keine Provisionsverbots-Forderung! Quirin und seinen Dienstleister ‚puls‘ schert das aber nicht – die Addition von 50 und 13 ergibt plötzlich 63 % Provisionsverbots-Forderer. Das überschreitet u. E. die Grenze zum Unseriösen. Leser, ob Verbraucher, Medien oder Politiker, sollen offensichtlich hinters Licht geführt werden. Das wird an anderer Stelle von Quirin sogar noch übertroffen. „Die Deutschen fühlen sich gut beraten – sind es aber nicht“, verkündet Quirin als Studienergebnis.

Auf die Frage „Fühlen Sie sich gut beraten bei Ihrer jetzigen Bank?“ sagen 69 % ‚Ja‘ und nur 15 % antworten ‚Nein‘. Teil 1 der Aussage ergibt sich also aus der Umfrage, Teil 2 dient wohl der Verbreitung der Quirin-Meinung. Denn einem kleingedruckten Erläuterungshinweis lässt sich entnehmen, dass von 1.001 Teilnehmern, die bei der Hauptbank eine Beratung in Anspruch nehmen, sich 209 schlecht beraten fühlen.

Von ‚sind es aber nicht‘ also keine Spur! Richtig wiedergegeben ist aber die drohende Beratungslücke bei einem Provisionsverbot. Nur 33 % würden ein Honorar zahlen wollen und 39 % sagen, sie würden „keine Beratung mehr in Anspruch nehmen“. Hoffnungen, dass von den 28 %, die ‚Ich weiß nicht‘ angaben, viele ein Honorar zahlen würden, könnten enttäuscht werden: Beratungslücke ante portas!

‚vt‘-Fazit: Gegen Lobbyismus in eigener Sache ist nichts einzuwenden, es sollten aber zumindest minimale Wahrheits-Kriterien bei Aussagen erfüllt werden. Wer so unsachlich argumentiert wie die Quirin Privatbank, sollte von Politikern, auch jenen, die ein Provisionsverbot befürworten, nicht ernst genommen werden.

 

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